Page 39 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 15
a) Höhere Gewalt, Art. 5 Abs. 4 lit. a) CRTD
Nach Art. 5 Abs. 4 lit. a) CRTD haftet der Beförderer nicht, wenn er nachweist,
dass die Schäden durch Kriegshandlungen, Feindseligkeiten, Bürgerkrieg Aufstand
oder ein außergewöhnliches, unvermeidliches und unabwendbares Naturereignis
entstanden sind. Bei diesen Tatbeständen handelt es sich um Fälle von höherer
Gewalt. Man entschied sich jedoch für die Umschreibung, die dem
Art. 2 Abs. 2 lit. a) des Ölhaftungsübereinkommens nachgebildet ist, um verschie-
denen Auslegungsvariationen in den einzelnen Staaten zuvorzukommen, da der
Begriff „höhere Gewalt“ nicht in allen Rechtssystemen dieselbe Ausprägung er-
fahren hat. 5
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b) Handlung oder Unterlassung eines Dritten in Schädigungsabsicht,
Art. 5 Abs. 4 lit. b) CRTD
Der Beförderer kann sich ferner von seiner Haftung befreien, wenn er nachweist,
dass die Schäden ausschließlich durch eine in Schädigungsabsicht begangene
Handlung oder Unterlassung eines Dritten verursacht wurden, Art. 5 Abs. 4 lit. b)
CRTD. Darunter fallen in der Regel nur Terroranschläge, die nicht als Unruhen
im völkerrechtlichen Sinne anerkannt sind und deshalb nicht von Abs. 4 lit. a)
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CRTD erfasst werden. 6
c) Unkenntnis von der Gefährlichkeit der Güter, Art. 5 Abs. 4 lit. c) CRTD
Von besonderer Bedeutung ist der Ausschlusstatbestand in Art. 5 Abs. 4 lit. c)
CRTD. Das beweist auch die Tatsache, dass zu diesem Ausschlusstatbestand zu
keiner Zeit ein Vorbehalt erklärt werden konnte.
Nach Art. 5 Abs. 4 lit. c) CRTD haftet der Beförderer nicht, wenn ihm der
Nachweis gelingt, dass der Absender oder ein anderer seiner Verpflichtung nicht
nachgekommen ist, den Beförderer oder dessen Hilfspersonen von der Gefähr-
lichkeit der Güter zu unterrichten und diese die Gefährlichkeit der Güter weder
kannten noch hätten kennen müssen. 6 Denn bei Unkenntnis von der Gefährlich-
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keit der Güter ist der Beförderer nicht in der Lage, alle nötigen Sicherheitsmaß-
nahmen zu treffen und für den entsprechenden Versicherungsschutz zu sorgen. 6
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60 Evans – Explanatory Report, S. 28; Mutz, ZIntEisenb 1990, 32 (39).
61 Evans – Explanatory Report, S. 28; Stör, S. 149; Mutz, ZIntEisenb 1990, 32 (39).
62 Diese Bestimmung ähnelt Art. 22 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im Interna-
tionalen Straßengüterverkehr (CMR) mit dem Unterschied, dass der Beförderer vom Absender
neben der Gefährlichkeit der Güter nicht noch zusätzlich über besondere Vorsichtsmaßnahmen,
wie in Art. 22 CMR vorgesehen, informieren muss. Auf diesen Kompromiss einigte man sich
schließlich, um nicht vertragliche Pflichten und außervertragliche Haftung zu vermischen. Zu den
Einzelheiten der Entstehungsgeschichte Evans – Explanatory Report, S. 29 und Stör, S. 150 f.
63 Mutz, ZIntEisenb. 1990, S. 32 (39).