Page 40 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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16 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
Entscheidend ist, dass für das Eingreifen des Haftungsausschlusstatbestandes die
Unkenntnis des Beförderers nicht für den Schaden kausal sein muss. Andererseits
reicht bereits leichte Fahrlässigkeit des Beförderers oder seiner Hilfspersonen
hinsichtlich der Unkenntnis aus, um doch eine Haftung zu begründen. 6
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Greift der Ausschlusstatbestand ein, haftet anstelle des Beförderers der Ab-
sender oder ein anderer Verpflichteter nach den Bestimmungen der CRTD,
Art. 7 CRTD. 6 Der Beförderer selbst kann allerdings noch nach dem anzuwen-
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denden nationalen Recht in Anspruch genommen werden, Art. 5 Abs. 6 S. 2
CRTD. 6
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d) Handlung oder Unterlassung des Geschädigten, Art. 5 Abs. 5 CRTD
Weist der Beförderer nach, dass der Geschädigte selbst den Schaden ganz oder
teilweise vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat, kann der Beförderer von seiner
Haftung gegenüber dem Geschädigten ganz oder teilweise befreit werden,
Art. 5 Abs. 5 CRTD. 6
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Diese Bestimmung regelt das Mitverschulden des Geschädigten. Da die CRTD
selbst keine Anhaltspunkte für die Gewichtung des Mitverschuldens gibt, wird
dem Gericht mit dieser Bestimmung ein weiter Ermessensspielraum überlassen,
die er mit dem vom internationalen Privatrecht berufenen nationalen Recht
schließen muss. 6 Zwangsläufig kommt es dadurch zu unterschiedlichen Ergeb-
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nissen, da das Mitverschulden bei der Gefährdungshaftung in unterschiedlichem
Maße berücksichtigt wird. Als Kriterien für die Abwägung im Einzelfall kommen
der jeweilige Kausalbeitrag, der Verschuldensgrad im Verhältnis zum geschaffenen
Risiko, für den fahrlässig handelnden Geschädigten die Vorhersehbarkeit des
Schadensumfangs und letztlich auch die Deckung durch die Versicherungen in
Betracht. 6
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e) Ladevorgänge auf alleinige Verantwortung eines anderen, Art. 6 Abs. 1 CRTD
Der Beförderer ist schließlich von seiner Haftung für Schäden, die während des
Ladevorgangs durch die Güter verursacht werden, befreit, wenn er nachweist, dass
die gefährlichen Güter auf alleinige Verantwortung eines anderen ge- oder entla-
64 Bremer, S. 395; Stör, S. 150.
65 Zur Haftung des Absender und des anderen Verpflichteten siehe 2. Teil A III 1.
66 Siehe dazu bereits unter 2. Teil A II 1.
67 Ursprünglich gab es für die Beitrittsstaaten nach Art. 24 Abs. 1 lit. c) CRTD die Möglichkeit, einen
Vorbehalt zu Art. 5 Abs. 5 CRTD dahingehend zu erklären, dass an seiner Stelle das innerstaatli-
che Recht anzuwenden ist, soweit dieses vorsieht, dass Schadensersatz wegen Tod oder Körper-
verletzung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Geschädigten oder des Schadenser-
satzberechtigten gemindert oder versagt werden darf.
68 Schmidt, S. 161; Stör, S. 220 f.
69 Stör, S. 221 f.