Page 45 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 21
sprachen sich letztendlich die meisten Staaten für eine Haftungsbegrenzung in der
CRTD aus, u.a. auch, um die Versicherbarkeit des Haftungsrisikos zu ermögli-
chen. 9
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Man einigte sich darauf, die Begrenzung der Haftung einerseits nach Scha-
densart (Personen- und sonstige Schäden), andererseits nach Transportmittel
(Straße/Schiene und Binnenschiffe) zu bestimmen. Nach Art. 9 Abs. 1 CRTD ist
die Haftung des Beförderers auf der Straße und auf der Schiene auf 18 Millionen
Rechnungseinheiten 9 für Personenschäden und auf 12 Millionen Rechnungsein-
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heiten für alle sonstigen Schäden begrenzt. Die Haftung des Beförderers mit Bin-
nenschiffen beschränkt sich dagegen nach Art. 9 Abs. 2 CRTD auf 8 Millionen
Rechnungseinheiten für Personenschäden und auf 7 Millionen Rechnungseinhei-
ten für alle sonstigen Schäden.
Diese Aufteilung dient dem Zweck, Personenschäden gegenüber den übrigen
Schäden durch höhere Haftungssummen zu privilegieren, und dadurch den Op-
ferschutz zu vergrößern. Die Privilegierung äußert sich überdies in der Bestim-
mung des Art. 9 Abs. 3 CRTD. Danach stehen die für sonstige Schäden vorgese-
henen Beträge für den Fall, dass die für Personenschäden vorgesehenen Beträge
nicht ausreichen, zur Befriedigung der noch unersetzten Personenschäden zur
Verfügung. Dabei haben die Restansprüche für Personenschäden den gleichen
Rang wie die Ansprüche für sonstige Schäden.
Zudem sollte den Unterschieden der Transportmittel Rechnung getragen wer-
den. Die Versicherungssituation war zum Zeitpunkt der Verabschiedung der
CRTD für die Binnenschifffahrt besonders schwierig. Während für den Straßen-
transport in fast allen Ländern bereits ein gut ausgebautes Versicherungssystem
bestand und für die Eisenbahn als Selbstversicherer die Frage der Versicherbarkeit
ebenfalls gelöst war, bestand für die Binnenschifffahrt noch kein adäquater Versi-
cherungsmarkt. 9 Deshalb und aufgrund des Wettbewerbs mit den Seeschiffen
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entschied man sich schließlich dafür, für die Binnenschifffahrt niedrigere Haf-
tungshöchstsummen festzulegen. 9
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Es fällt überdies auf, dass die Differenz zwischen den Haftungshöchstsummen
für Personenschäden und den Höchststummen für sonstige Schäden bei der Be-
förderung auf der Straße und Schiene viel größer ist als bei der Beförderung mit
Binnenschiffen. Diese Differenzierung ist aufgrund der Tatsache, dass bei Beför-
92 Stör, S. 223. Für eine beschränkte Haftung auch Richter-Hannes, RabelsZ 1987, 357 (396).
93 Die in Art. 9 CRTD genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht (SZR) des Internati-
onalen Währungsfonds, Art. 12 Abs.1 CRTD. 1 SZR entspricht z.Z. ca. 1,07 € (Stand:
08.08.2010). Der aktuelle Stand kann unter
http://www.imf.org/external/np/fin/data/rms_sdrv.aspx nachgeschlagen werden. Die Um-
rechnung der in Art. 9 CRTD genannten Beträge in die Landeswährung richtet sich nach dem in
Art. 12 CRTD beschriebenen Verfahren.
94 Ausführlich Stör, S. 223 f.
95 Stör, S. 224.