Page 47 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                           23

                           erhebt, 1  hatte man sich letztlich für diese Wahlmöglichkeit des Beförderers ent-
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                           schieden. 1
                              Trotz der bekannten Vorteile eines Haftungsfonds, wie bspw. die unmittelbare
                           Verfügungsmöglichkeit, schnellere und gerechtere Verteilung, die Konzentration
                           aller Schadensersatzklagen in einem Staat, die damit verbundene größere Homo-
                           genität der  Entscheidungen oder auch  der Schutz des Beförderers vor Arrest,
                           Pfändung seines Eigentums und anderen anspruchssichernden Maßnahmen, wur-
                           de beklagt, dass ein solcher Fonds auch dazu führt, die Versicherungsprämien in
                           die Höhe zu treiben, da  auch bei einfachen Fällen die bereitgestellten hohen
                           Summen in  Form von Einzahlungen,  Bankgarantien und anderen finanziellen
                           Sicherheiten für einen längeren Zeitraum immobilisiert werden. 1
                                                                                 105

                           aa) Haftungsfonds
                           Grundfragen über die Errichtung, die Höhe der zu hinterlegenden Summe und die
                           Verteilung des Haftungsfonds sowie  Einzelaspekte des Verfahrens sind in der
                           CRTD selbst in Art. 11 bestimmt. Die darüber  hinaus gehenden  Detailfragen
                           regelt das nationale  Recht  des Staates, in dem der Fonds errichtet wird, Art.11
                           Abs. 10 CRTD.
                              Nach Art. 11 Abs. 1 S. 3 CRTD ist der Fonds in Höhe der in Art. 9 CRTD
                           angeführten Beträge  zuzüglich Zinsen vom Zeitpunkt  des  Ereignisses  bis zum
                           Zeitpunkt der Errichtung des Fonds zu  errichten.  Der Fonds wird dann unter
                           Berücksichtigung der nach Art. 9 Abs.  3 CRTD privilegierten Ansprüche unter
                           den Geschädigten im Verhältnis der Höhe ihrer  nachgewiesenen   Forderungen
                           gegen den Fonds verteilt, Art. 11 Abs. 4 CRTD. Dabei werden nur die Ansprüche
                           berücksichtigt, für die eine Beschränkung der Haftung nach der CRTD geltend
                           gemacht werden kann, Art. 11 Abs. 1 S. 4 CRTD. Aber auch dann, wenn der Be-
                           förderer  nach  Art. 10 Abs. 1 CRTD  nicht berechtigt ist, seine Haftung zu be-
                           schränken, ist die Errichtung eines Fonds durch den Versicherer oder andere Si-
                           cherheitsleistende möglich, Art. 11 Abs. 3 S. 2 CRTD.
                              Die Errichtung eines Fonds hat letztlich für den Beförderer den Vorteil, dass
                           auf sein übriges Vermögen nicht mehr zugegriffen werden kann und bereits ge-
                           pfändete oder beschlagnahmte Vermögenswerte wieder freigegeben werden, Art.
                           11 Abs. 8 CRTD. Einzige Voraussetzung nach Art. 11 Abs. 9 CRTD ist der tat-
                           sächliche  Zugang des Geschädigten zum  Gericht, das den Fonds verwaltet, die
                           tatsächliche Verwendung des Fonds zur Befriedigung seines Anspruchs und die
                           freie Transferierbarkeit des Fonds.




                           103  Ausführlich dazu unter 2. Teil E II 2 f) cc).
                           104  Evans – Explanatory Report, S. 39; Stör, S. 228.
                           105  Evans – Explanatory Report, S. 39.
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