Page 52 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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28                                    2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        9. Sonderfall der Haftung zweier oder mehrerer Beförderer von Gefahrguttransporten
                        Für den Fall, dass bei einem Unfall zwei oder mehrere Gefahrgut transportierende
                        Fahrzeuge beteiligt sind, sieht Art. 8 Abs. 1 S. 1 CRTD vor, dass jeder Beförderer
                        für die dadurch entstandenen Schäden haftet, soweit kein Haftungsausschluss-
                        grund eingreift (Gesamtschuld). Der Geschädigte kann sich somit aussuchen,
                        welchen Beförderer er in Anspruch nehmen will.
                           Für Schäden, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen, wie z.B. Umwelt- oder
                        Explosionsschäden, haften die Beförderer nach Art. 8 Abs. 1 S. 2 CRTD ebenfalls
                        gesamtschuldnerisch.
                           Dabei kann jeder Beförderer seine Haftung auf die nach Art. 9 CRTD auf ihn
                        anwendbaren  Haftungshöchstbeträge  beschränken,  Art. 8 Abs. 2 CRTD.  Die
                        Haftungshöchstsummen werden in diesem Falle ausnahmsweise pro Ereignis und
                        pro Fahrzeug i.S.d. Art. 1 Abs. 6 CRTD bemessen. Dies ist sachgerecht, da hier
                        zwei oder mehr Fahrzeuge beteiligt sind, die alle Gefahrgüter transportieren und
                        dadurch das Schadensrisiko erhöhen. 1
                                                       120
                           Während Art. 8 Abs. 1 CRTD nur die Haftung im Außenverhältnis regelt, ist
                        es den  beteiligten Beförderern im Innenverhältnis unbenommen, gegeneinander
                        Regress zu nehmen, Art. 8 Abs. 3 CRTD. Die Rückgriffsansprüche sind im Ver-
                        hältnis von Kausal- und Verschuldensbeitrag vorzunehmen und richten sich nach
                        dem anzuwendenden nationalen Recht. 1
                                                         121



                        III. Haftung des Absenders, Empfängers und anderer Beteiligter
                        Ausnahmsweise wird das Prinzip der Haftungskanalisierung  auf den Beförderer
                        durchbrochen. In diesen Fällen haftet dann im Außenverhältnis anstelle des Be-
                        förderers der Absender, Empfänger oder eine andere Person nach der CRTD.


                        1. Haftung des Absenders oder eines anderen wegen Verletzung seiner Informationspflicht über
                        die Gefährlichkeit der Güter nach Art. 7 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 lit. c) CRTD
                        Ist der Absender oder ein anderer seiner Verpflichtung, den Beförderer von der
                        Gefährlichkeit der Güter zu unterrichten, nicht  nachgekommen, haftet dieser
                        anstelle des  Beförderers 1  nach den Bestimmungen  der CRTD,  Art. 7 i.V.m.
                                             122
                        Art. 5 Abs. 4 lit. c) CRTD.
                           Zur Frage, wer genau ein „anderer Verpflichteter“ i.S.d. Art. 5 Abs. 4 lit. c)
                        CRTD ist, schweigt die CRTD. Herber ist der Ansicht, dass es sich bei der vagen

                        120  So auch Evans – Explanatory Report, S. 35; Stör, S. 253. Hier wird zu Recht auf die Quantität der
                           Gefahrgutmenge abgestellt.
                        121  Stör, S. 254.
                        122  Zum Haftungsausschlussgrund des Art. 5 Abs. 4 lit c) CRTD siehe unter 2. Teil A II 4 c).
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