Page 56 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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32 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
B. Die Haftung nach dem Übereinkommen von 1996 über die Haftung und
Entschädigung für Schäden bei der Beförderung gefährlicher und
schädlicher Stoffe auf See (HNS-Übereinkommen)
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Im Rahmen der Seerechtsorganisation der Vereinten Nationen (IMO) 1 wurde
am 03. Mai 1996 in London das „Übereinkommen über die Haftung und Ent-
schädigung für Schäden bei der Beförderung gefährlicher und schädlicher Stoffe
auf See geschlossen“ (HNS-Übereinkommen) 1 .
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Die Beratungen über ein HNS-Übereinkommen hatten im Juli 1976 auf der
29. Sitzung des Rechtsausschusses der IMCO begonnen und insgesamt 20 Jahre
angedauert. 1 Erste Überlegungen reichen sogar bis in das Jahr 1969 zurück, als
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man bei der Erarbeitung des Ölhaftungsübereinkommens darüber diskutierte, ob
der sachliche Anwendungsbereich nicht neben Öl auch andere gefährliche Güter
umfassen soll. 1 Dagegen sprach jedoch, dass von anderen Gefahrgütern nicht
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nur Verschmutzungsschäden wie bei Öl zu erwarten sind, sondern auch andere
Schadensarten, wie beispielsweise Explosions-, Feuer- und Vergiftungsschäden. 1
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Dennoch orientierte sich der Rechtsausschuss der IMO bei der Erarbeitung
der HNS-Konvention zunächst am Ölhaftungsübereinkommen von 1969 1 und
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später auch an dem dazugehörigen Fondsübereinkommen von 1971. 1 Die Vor-
arbeiten zum HNS-Übereinkommen verliefen im Übrigen parallel zu den Bera-
tungen über die CRTD. 1
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Die Schaffung eines internationalen Haftungsregimes im Seerecht gestaltete
sich jedoch wesentlich schwieriger als beim Landtransport, da es bereits Überein-
kommen gab, welche eine Haftungsbeschränkung des Reeders und des Charterers
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zuließen 1 und eine Gefährdungshaftung für Schäden durch Schiffszusammen-
135 International Maritime Organization. Bis 1982 hieß die IMO „Inter-Governmental Maritime
Consultative Organization“ (IMCO), www.imo.org (Stand: 08.08.2010).
136 Die Abkürzung HNS wird aus dem Titel der verbindlichen englischen Fassung abgeleitet “Inter-
national convention on liability and compensation for damage in connection with the carriage of
hazardous and noxious substances by sea“. Die englische Fassung des Übereinkommens ist ab-
gedruckt in TranspR 1997, 450 ff.
137 Schneider, TranspR 1985, 41 (42).
138 Schneider, TranspR 1985, 41 (42); Herber, RabelsZ 1970, 223 (235); Wilde, TranspR 1995, 278.
139 Schneider, TranspR 1985, 41 (42).
140 Herber, TranspR 1983, 5 (8); Schneider, TranspR 1985, 41 (44).
141 http://www.imo.org/includes/blastDataOnly.asp/data_id%3D6505/HNSconventionoverview.
pdf, introduction (Stand: 08.08.2010).
142 Richter-Hannes, RabelsZ 1987, S. 357 (359).
143 Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (HBÜ),
BGBl. 1986 II, S. 787 ff. Ferner dessen Vorgänger, das Reederhaftungsübereinkommen von
1957, BGBl. 1972 II, S. 653, 672 ff.
Art. 7 des Protokolls von 1996 zum HBÜ gestattet den Mitgliedstaaten des HBÜ, die allgemeine
Haftungsbeschränkungsregelung des Übereinkommens mittels Vorbehalt nicht auf das HNS-
Übereinkommen anzuwenden; abgedruckt in TranspR 1997, 462 ff. Ausführlich zu der Proble-
matik des Übereinkommenskonflikts, Ganten, TranspR 1997, 397 (403).