Page 60 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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36 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
schluss des nach Art. 5 HNS-Übereinkommen möglichen Vorbehaltes, rein inner-
staatliche Transporte vom Anwendungsbereich auszunehmen.
II. Haftung des Schiffseigentümers
1. Kanalisierung der Haftung auf den Schiffseigentümer
Ausgehend von dem Gedanken, dass derjenige, der ein unmittelbares wirtschaftli-
ches Interesse an dem Transport gefährlicher Stoffe hat, auch einen wirtschaftli-
chen Ausgleich schaffen muss, 1 einigte man sich schließlich auf die Kanalisie-
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rung der Haftung auf den Schiffseigentümer.
Auch bei den Vorarbeiten zur HNS-Konvention gab es wie bei der CRTD un-
terschiedliche Denkmodelle zur Frage, wer haften solle. 1 Der HNS-Entwurf, der
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im Jahre 1984 auf einer diplomatischen Konferenz zur Entscheidung anstand,
basierte noch auf einer ergänzenden Haftung des Absenders neben der des Beför-
derers; 1 dieser Vorschlag konnte sich jedoch nicht durchsetzen. 1
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Man entschied sich schließlich für die Kanalisierung der Haftung auf den Ei-
gentümer. Dafür sprach, dass der Eigentümer es am ehesten in der Hand hat, ein
geeignetes Schiff zu stellen, insbesondere aber auch, dass es der Eigentümer ist,
der während des Transports die alleinige Herrschaftsgewalt über das gefährliche
Gut hat. 1 Zudem ist der Eigentümer für den Geschädigten am leichtesten zu
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ermitteln. 1 Dies wird insbesondere in Fällen relevant, bei denen Stückgüter meh-
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rerer Absender in einem Transportmittel transportiert werden und das Gefahrgut,
welches den Schaden verursacht hat, nicht mehr feststellbar ist.
Nicht zuletzt wurde die Kanalisierung der Haftung auf den Eigentümer auch
aus versicherungsrechtlicher Sicht befürwortet, da es die kostengünstigste Lösung
ist. 1
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Schadensersatzansprüche gegen den Eigentümer können gem. Art. 7 Abs. 4
HNS-Übereinkommen nur nach diesem Übereinkommen geltend gemacht wer-
den, so dass eine zusätzliche Haftung nach nationalem Recht ausscheidet. Eine
Ausnahme wie in Art. 5 Abs. 6 S. 2 CRTD sieht das HNS-Übereinkommen nicht
vor.
159 Blaschczok, RIW 1980, 552 (553 f.).
160 Zu den verschiedenen Modellen während der Beratungen im Rechtsausschuss der IMCO:
Blaschczok, RIW 1980, 552 (553); zusammenfassend: Bremer, S. 425.
161 IMO-Dok. LEG/CONF. 6/3 (13.1.1984); Richter-Hannes, RabelsZ 1987, S. 357 (360).
162 Zu den Gründen Richter-Hannes, RabelsZ 1987, S. 357 (391 f.).
163 Blaschczok, RIW 1980, 552 (554).
164 Blaschczok, RIW 1980, 552 (554).
165 Sieg, RIW 1984, 346 (347).