Page 59 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
P. 59

2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                           35

                           ten Schiffe, die im gegebenen Zeitpunkt ausschließlich für andere als für Handels-
                           zwecke genutzt werden (Art. 4 Abs. 4 HNS-Übereinkommen), es sei denn, der
                           Vertragsstaat hat nach Art. 4 Abs. 5 HNS-Übereinkommen beim Generalsekretär
                           seinen Beschluss, dieses Übereinkommen doch anzuwenden, bekannt gemacht.



                           2. Räumlicher Anwendungsbereich
                           Für Schäden i.S.d. Übereinkommens gilt das Übereinkommen grundsätzlich nur
                           dann, wenn  diese  im Hoheitsgebiet einschließlich  des Küstenmeeres  eines Ver-
                           tragsstaates verursacht worden sind, Art. 3 lit. a) HNS-Übereinkommen. Es wer-
                           den somit auch Seeschiffe, die in oder auf Binnengewässern einen HNS-Schaden
                           verursachen, erfasst. Das Gebiet des Küstenmeeres umfasst nach Art. 3 See-
                           rechtsübereinkommen der Vereinten Nationen 1  maximal zwölf Seemeilen 1  ab
                                                                    155
                                                                                             156
                           der Basislinie 1  des Küstenstaates.
                                      157
                              Bei Umweltverschmutzungsschäden wird der räumliche Anwendungsbereich
                           auf die nach  dem Völkerrecht  festgelegte ausschließliche  Wirtschaftszone eines
                           Vertragsstaates erweitert. Ist eine solche nicht festgelegt, wird auf das an das Küs-
                           tenmeer angrenzende Gebiet abgestellt, welches sich nicht weiter als 200 Seemei-
                           len von den Basislinien erstreckt, Art. 3 lit. b) HNS-Übereinkommen.
                              Für die anderen Schadensarten kommt eine Erweiterung des räumlichen An-
                           wendungsbereiches auf das Gebiet außerhalb des  Hoheitsgebiets  einschließlich
                           des Küstenmeeres nur dann in Betracht, wenn die Schäden aufgrund eines Stoffes
                           verursacht wurden, der an Bord eines Schiffes befördert worden ist, das entweder
                           in das Schiffsregister eines Vertragsstaates eingetragen oder die Flagge eines Ver-
                           tragsstaates zu führen berechtigt ist, Art. 3 lit. c) HNS-Übereinkommen.
                              Bei Schutzmaßnahmen kann auf diese  Differenzierungen verzichtet werden.
                           Das Übereinkommen findet auf sie immer Anwendung, unabhängig davon, wo sie
                           getroffen worden sind, Art. 3 lit. d) HNS-Übereinkommen.
                              Bei der Festlegung des  räumlichen  Anwendungsbereichs für das HNS-
                           Übereinkommen war das Interesse der Vertragsstaaten in erster Linie auf saubere
                           Küsten und Hoheitsgewässer gerichtet. 1  Deshalb entschied man sich dafür, pri-
                                                             158
                           mär auf das Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten abzustellen. Denn nur so trifft die
                           Haftpflicht  auch die Schiffe der Nichtvertragsstaaten, die Hoheitsgewässer von
                           Vertragsstaaten durchqueren. Auf die Frage,  ob ein Schiff  eines Vertragsstaates
                           betroffen ist, kommt es dagegen nur dann an, wenn der Schaden sich außerhalb
                           des Hoheitsgebietes ereignet hat.
                           Das Übereinkommen findet schließlich nicht nur auf internationale, sondern auch
                           auf  rein nationale Transporte Anwendung. Dies ergibt  sich  aus  dem  Umkehr-

                           155  BGBl. 1994 II, S. 1799 ff.
                           156  Eine Seemeile entspricht 1,852 Kilometern.
                           157  Art. 5 ff. Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen.
                           158  Blaschczok, RIW 1980, 552 (553).
   54   55   56   57   58   59   60   61   62   63   64