Page 50 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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26 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
b) Ausnahmen von der Versicherungspflicht
Straßen- und Binnenschifffahrtsbeförderer unterliegen der Versicherungspflicht
nach Art. 16 Abs. 1 CRTD dann nicht, wenn sie Staatsbetriebe sind, die Beförde-
rung nicht gewerblichen staatlichen Zwecken dient (z.B. Militärtransporte) 1 und
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der jeweilige Vertragsstaat sie von der Versicherungspflicht befreit hat. Jedoch
müssen diese Beförderer auf Verlangen eine Bescheinigung vorlegen, aus der sich
sowohl die ausreichende Haftungsdeckung nach der Konvention ergibt als auch,
dass der Beförderer ein Staatsbetrieb ist, Art. 16 Abs. 2 CRTD.
Ebenso können Staatsbahnen nach Art. 16 Abs. 4 CRTD von der Versiche-
rungspflicht befreit werden, allerdings ohne dass es eines Nachweises ausreichen-
der Deckung der Haftung bedarf. Diese anfangs umstrittene Privilegierung der
Staatsbahnen hat ihren Ursprung in der Tatsache, dass Staatsbahnen traditionell
Selbstversicherer sind und somit ihre Risiken durch ein Rücklagensystem oder
durch den Eintritt der Staatshaftung abdecken. 1
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c) Nachweis einer ausreichenden Deckung
Art. 14 CRTD enthält ausführliche Bestimmungen über den Nachweis einer aus-
reichenden Haftungsdeckung. Nach Art. 14 Abs. 1 CRTD ist der Nachweis einer
gültigen Versicherung durch eine Bescheinigung von der nach Abs. 2 zuständigen
Behörde zu erbringen. Die in einem Vertragsstaat ausgestellten Bescheinigungen
werden in allen anderen Vertragsstaaten anerkannt, Art. 14 Abs. 7 S. 1 CRTD.
Sinn und Zweck der Bescheinigungen ist es, die Kontrolle der bestehenden
Pflichtversicherungen zu erleichtern. Sie dienen damit letztlich wieder dem Schutz
der Geschädigten.
d) Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer oder Sicherheitsleis-
tenden
Nach Art. 15 Abs. 1 CRTD hat der Geschädigte einen Direktanspruch gegen den
Versicherer, den Sicherheitsleistenden oder das zuständige Grüne-Karte-Büro 1 .
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115 Evans – Explanatory Report, S. 48.
116 Ausführlich Evans – Explanatory Report, S. 48 f.; Richter-Hannes, RabelsZ 1987, 357 (397).
117 In jedem Mitgliedstaat des Grüne-Karte-Systems befindet sich eine zentrale Organisation – be-
zeichnet als das „Grüne-Karte-Büro“ –, die für die Durchführung der Aufgaben des Grüne-
Karte-Systems zuständig ist. Das „Deutsche Büro Grüne Karte“ befindet sich in Hamburg. Die
„Grüne Karte“ selbst ist eine internationale Versicherungskarte für den Kraftverkehr, die bei
Auslandsreisen mit dem Kraftfahrzeug Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung nach
den Bestimmungen des jeweiligen Gastlandes bescheinigt. Grundlage des Grüne-Karte-Systems
ist das Londoner Abkommen von 1949. http://www.gruene-karte.de/dbgkgrund.htm
(Stand: 08.08.2010). Ausführlich zum System der Grünen Versicherungskarte Buschbell, Mün-
chener Anwalts Handbuch Straßenverkehrsrecht, § 44 Rn. 113.