Page 46 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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22                                    2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        derungen mit Binnenschiffen das Risiko von Personenschäden nicht so hoch zu
                                                                                          96
                        bewerten ist wie bei Beförderungen auf der Straße und Schiene, gerechtfertigt. 9

                        a) Bemessungsgrundlage
                        Die Beschränkungssummen gelten pro Ereignis. 9  Der Vorschlag, die Haftungs-
                                                                  97
                        höchstsummen nach Tonnage und Motorkraft zu bemessen, wurde nicht weiter
                        verfolgt. 9  Das vereinfachte Abstellen auf das Ereignis als Bemessungsgrundlage
                               98
                        ist letztlich ein Kompromiss; man einigte sich auf diese Lösung, weil sie die prak-
                        tikabelste ist und für die Versicherungen einen berechenbaren Faktor darstellt.
                           Würde man dagegen bei der Abstufung des Schadensrisikos auf die beförderte
                        Quantität abstellen, müsste man notwendigerweise auch die Qualität, also die
                        Gefährlichkeit der beförderten Güter,  berücksichtigen, denn das Schadensrisiko
                        steigt meist nicht proportional zur Menge des transportierten Gutes. 9  Überdies
                                                                                    99
                        kommt es bei der Berechnung des Schadensrisikos neben der Gefährlichkeit der
                        beförderten  Güter auch  auf deren Verpackung 9  und die getroffenen Sicher-
                                                                  100
                        heitsmaßnahmen an.
                           Da die  CRTD nur  auf das Ereignis abstellt, ist die Anzahl der  Fahrzeuge
                        grundsätzlich unerheblich. 1  Eine Ausnahme bildet lediglich der in Art. 8 CRTD
                                              101
                        geregelte Fall. 1
                                    102

                        b) Verfahren der Haftungsbeschränkung
                        Das Verfahren der Haftungsbeschränkung ist zum Teil in Art. 11 und Art. 10 Abs.
                        3 bis 5 CRTD geregelt. Danach hat der Beförderer die Wahl zwischen der Errich-
                        tung eines Haftungsfonds (Art. 11 CRTD) und der Geltendmachung der Höchst-
                        summen durch Einrede (Art. 10 Abs. 3 bis 5 CRTD).  Entgegen dem Vorbild des
                        Ölhaftungsübereinkommens von 1969 (Art.  5 Abs. 3), welches die Errichtung
                        eines Fonds zur Voraussetzung für die Berufung auf die Haftungsbeschränkungen



                        96  Vgl. Törkel, TranspR 1995, 133 (137).
                        97  „Ereignis“ wird in Art. 1 Abs. 12 CRTD definiert.
                        98  Stör, S. 224.
                        99  Herber, TranspR 1987, 253 (260); Evans – Explanatory Report, S. 36.
                        100  Stör, S. 224.
                        101  In den ersten Diskussionsentwürfen galten die Beschränkungssummen noch pro Ereignis und
                           pro Fahrzeug. Die Multiplikation der Haftungssummen mit der Anzahl der Fahrzeuge steht aber
                           nicht zwangsläufig im Verhältnis zum Schadensumfang und wurde daher zu Recht abgelehnt.
                           Überdies haben die Fahrzeuge der verschiedenen Transportmittel sehr unterschiedliche Ladeka-
                           pazitäten. Ein Schubleichter (Binnenschiffahrt) kann bis zu 1.500 t laden, wohingegen ein An-
                           hänger eines Straßenfahrzeugs und ein Eisenbahnwaggon jeweils nur etwa 20 t laden können.
                           Richter-Hannes, RabelsZ 1987, 357 (395); Herber, TranspR 1987, 253 (260).
                        102  Dazu ausführlich unter 2. Teil A II 9.
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