Page 43 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                           19

                           Art, Berechnung und Höhe des Schadensersatzes sind auch hier dem anzuwen-
                           denden  nationalen Recht  überlassen. Dies führt gerade bei mittelbaren Vermö-
                           gensschäden häufig zu unterschiedlichen Ergebnissen. 8  Mangels Einigung wurde
                                                                          81
                           auch die umstrittene Frage der Ersatzfähigkeit reiner Vermögensschäden bis auf
                           zwei Ausnahmen 8  in der CRTD selbst nicht geregelt und muss daher ebenfalls
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                           nach nationalem Recht gelöst werden.  Dabei ist allerdings der Wortlaut des
                           Art. 1 Abs. 10 lit. b) CRTD zu berücksichtigen, nach dem nur „Verlust oder Be-
                           schädigung von Sachen“ ersatzfähig sind. Erforderlich ist demnach ein gewisser
                           Zusammenhang zwischen dem Vermögensschaden und dem Sachschaden. 8
                                                                                           83

                           c) Umweltschäden
                           Durch  Gefahrgüter verursachte Verschmutzungsschäden der Umwelt sind nach
                           Art. 1 Abs. 10 lit. c) CRTD  ersatzfähig.  Jedoch wird der Schadensersatz, ausge-
                           nommen der aufgrund der Umweltbeeinträchtigung entgangene Gewinn, auf die
                           Kosten tatsächlich ergriffener oder zu ergreifender angemessener Wiederherstel-
                           lungsmaßnahmen beschränkt. 8  Damit wird die zunächst anscheinend sehr weit-
                                                     84
                           gehende Ersatzfähigkeit von Umweltschäden wieder erheblich eingeschränkt.
                              Ersetzt werden danach beispielsweise die Kosten für die Reinigung der durch
                           die Gefahrgüter verseuchten Grundstücke oder des Wassergebiets, vorausgesetzt,
                           dass die Reinigung bereits erfolgt oder in naher Zukunft geplant ist. Zudem müs-
                           sen die  Kosten  angemessen sein. Das  Kriterium der Angemessenheit darf sich
                           dabei nicht  nach dem Marktwert des betroffenen Grundstücks bemessen und
                           sollte zum Schutz der immer knapper werdenden Umweltressourcen nicht zu eng
                           ausgelegt werden. 8
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                              Zwischen Umweltverschmutzungsschäden und Sachschäden können Über-
                           schneidungen auftreten, wenn ein Umweltschaden zugleich auch einen Sachscha-
                           den darstellt. Der Geschädigte hat in diesem Fall den Vorteil, dass er den vollen
                           Ersatz des Schadens verlangen kann und nicht nur die angemessenen Wiederher-
                           stellungsmaßnahmen wie bei  einem  reinen Umweltschaden, denn aus
                           Art. 1 Abs. 10  und  Art. 9 CRTD  ergibt sich, dass  die beiden Schadensarten
                           gleichberechtigt sind. 8
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                              Ein durch Umweltbeeinträchtigungen verursachter Schaden ist typischerweise
                           auch der entgangene Gewinn. Dieser wird im Gegensatz zu den anderen Umwelt-
                           verschmutzungsschäden nicht auf die Kosten tatsächlich ergriffener oder zu er-

                           81  Stör, S. 212.
                           82  Umweltschäden und Kosten für Schutzmaßnahmen.
                           83  Stör, S. 213.
                           84  Die Formulierung des Art. 1 Abs. 10 lit. c) CRTD ist Art. 1 Abs. 6 des Ölhaftungsübereinkom-
                             mens von 1969 in der durch das Protokoll von 1984 revidierten Fassung entnommen, Evans -
                             Explanatory Report, S. 19.
                           85  Stör, S. 217.
                           86  Bremer, S. 385 f.; Stör, S. 214.
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