Page 14 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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6 Kapitel 1 • Einführung
Der praktisch wichtigste Teil des Europarechts umfasst die
1 Europarecht und Europäisches Gründungsverträge und Rechtsakte der Europäischen Union
Unionsrecht
Europäisches Unionsrecht und des Euratom. Daher wird bisweilen das Recht der Union,
2 ist das Recht der EU und des welches natürlich auch Europarecht ist, ganz mit dem Begriff Eu-
Euratoms. roparecht gleichgesetzt. Das ist nicht unüblich, aber etwas unge-
nau. Korrekt wäre es, „Recht der Europäischen Union“ zu sagen.
Das Unionsrecht ist nur ein Teil im Katalog des Europarechts.
1.2 Die Stellung des Europarechts
Das Europarecht macht die Einordnung in die Rechtsgebiete
nicht leicht. Das kommt vor allem daher, dass „Europarecht“
ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Normen ist. Die Ein-
ordnung als ein Spezialregime unter dem Völkerrecht trifft
aber am ehesten zu. Soweit das Europarecht aus völkerrechtli-
chen Verträgen besteht, passt die Einordnung nahtlos.
Das Unionsrecht umfasst: Internationale Verträge sind etwa die Satzung des Euro-
Primärrecht, Sekundärrecht parates (BGBl. 1950, 263), die Europäische Menschenrechts-
und völkerrechtliche Verträge konvention (EMRK, BGBl. 2002 II, 1054), der Vertrag über die
der EU. Europäische Union (EUV, ABl. EU 2008 C 115) oder der Vertrag
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, ABl. EU
2008 C 115). Das Recht der Europäischen Union ist aufzutei-
len: Die Gründungsverträge der Europäischen Union (sog. Pri-
2 märrecht) sind völkerrechtlicher Natur. Die darauf basierenden
Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Union (sog.
Sekundärrecht) wirken auf der einen Seite wie internationales
2 Recht, also von der übergeordneten Union zu den Mitgliedstaa-
ten. Auf der anderen Seite wirken sie auch wie nationales Recht,
2 weil sie teilweise direkt Rechte und Pflichten für die Bürger er-
zeugen. Auch der AEUV selbst, der eigentlich zum Völkerrecht
zählt, enthält vereinzelt Normen, die auch direkt zwischen Pri-
2 vatpersonen, also horizontal wirken (siehe z. B. Art. 45 AEUV).
2 Völkerrechtliche Verträge Ein anderes Beispiel: Die Europäische Menschenrechtskonvention
können Doppelwirkung gilt zwischen den Staaten als Völkerrecht. Sie ist aber zugleich
2 entfalten. durch ein nationales Gesetz in unser innerstaatliches Recht über-
nommen, so dass sie als nationales öffentliches Recht zwischen
Staat und Bürger gilt (vgl. BVerfG , 111, 307, 315 f.).
2
Wie man sieht, ist die Einordnung teilweise kompliziert. Wich-
2 tig ist, dass man die Normen einzeln unter die Lupe nimmt,
sich fragt, zwischen welchen Rechtspersonen sie gelten, und
dann erst festlegt, zu welchem Gebiet sie gehören.
2 Wichtig ist: Die Norm muss richtig erfasst werden, um
sie einem Rechtsgebiet zuordnen zu können. Mit der Zuord-
nung gewinnt man eine Systematisierung der verschiedenen