Page 151 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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5.1 • Rechtsquellen des EU-Rechts
nicht in den ausdrücklich genannten Sachkatalog. Welcher
Kompetenzart sie zuzuordnen sind, ergibt sich im Rahmen
der Auslegung. Im Bereich der Außenbeziehungen der Union
hat sich insoweit eine umfangreiche Rechtsprechung herausge-
bildet (Gutachten 1/03, Luganoabkommen, Slg. I-1145).
Sekundärrechtsakte: Die Sekundärrechtshandlungen des Abstrakt-generell
AEUV sind in Art. 288 AEUV (nicht abschließend) aufgezählt.
Dort gibt es neben abstrakt-generellem Sekundärrecht, na-
mentlich Verordnungen und Richtlinien, auch konkret-indivi-
duelle Einzelentscheidungen. Abstrakt bedeutet, dass mehrere
Sachverhalte geregelt sind, generell bedeutet, dass ein Rechts-
akt sich an mehrere Adressaten richtet. Es kann allerdings auch
vorkommen, so ist die Praxis, dass eine Verordnung, etwa im
Kartellrecht, nur den Fall eines einzigen Kartells regelt. Die
Qualität eines Rechtsaktes bestimmt sich nach seinem durch
Auslegung festzustellenden Inhalt, nicht nach seiner Bezeich-
nung. Letztere ist für die rechtliche Qualifizierung irrelevant.
Art. 288 AEUV – Rechtsakte
Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die
Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen
und Stellungnahmen an.
Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren
Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird,
hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überlässt
jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der
Mittel.
Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an be-
stimmte Adressaten gerichtet, so sind nur für diese verbindlich.
Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbind-
lich.
Die Verordnungen der EU entsprechen auf nationaler Die Verordnung – das europä-
Ebene den Gesetzen. Sie gelten abstrakt-generell, d. h. regeln ische „Gesetz“
mehr als einen Sachverhalt und haben mehrere Adressaten.
In den ersten Jahrzehnten der Union haben sich einige Mit-
gliedstaaten bisweilen von Verordnungen wie aus dem Nebel
überrumpelt gefunden, denn Verordnungen sind ohne weitere
Zwischenschritte für die Mitgliedstaaten geltendes Recht (Va-
riola, Slg. 1973, 981).
Die Tatbestandsmerkmale des Art. 288 AEUV für Verord-
nungen bedeuten im Einzelnen folgendes: Allgemeine Geltung
meint nichts anderes als abstrakt-generell. Die Verordnung hat
Rechtssatzqualität. Die Verbindlichkeit einer Norm ist selbstver-
ständlich, trotzdem wiederholt sie der Wortlaut der Vorschrift.