Page 166 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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160 Kapitel 5 • Grundlagen des EU-Rechts
Verfahren ähnelt dem natio- Das Verfahren wird in drei Lesungen und einen Vermitt-
nalen Gesetzgebungs- lungsteil unterteilt. Es beginnt mit einem Vorschlag der Kom-
Verfahren. mission, die nunmehr auf Veranlassung des Rates und des EP
2 tätig werden kann bzw. muss.
Ordentliches Gesetzgebungsverfahren der EU gem.
Art. 294 AEUV
1. Vorschlag der Kommission an EP und Rat
Erste Lesung
2. EP legt seinen Standpunk fest und übermittelt ihn an den
Rat;
5 3. Rat billigt den Standpunkt: Rechtsakt ist erlassen;
4. Rat billigt den Standpunkt nicht und legt einen eigenen
Standpunkt fest, den er an das EP übermittelt. Der Rat un-
terrichtet das EP über die Gründe für seinen Standpunkt. Die
Kommission unterrichtet das EP über ihre Gründe.
Zweite Lesung
5. EP hat drei Monate Zeit um:
– den Standpunkt des Rates zu billigen: Rechtsakt ist verab-
schiedet,
– sich nicht zu äußern: Rechtsakt ist verabschiedet,
– den Standpunkt des Rates mit der Mehrheit seiner Mitglie-
der ablehnen: Rechtsakt ist nicht erlassen,
– den Standpunkt des Rates mit Änderungsvorschlägen
anzunehmen: abgeänderte Fassung wird dem Rat und der
Kommission zugeleitet. Die Kommission gibt eine Stellung-
nahme zu den Änderungen ab.
2 6. Rat hat drei Monate Zeit um die Änderungen des EP mit
qualifizierter Mehrheit:
– die Abänderungen zu billigen. Rechtsakt ist erlassen.
2 – nicht alle Abänderungen zu billigen. Dann geht das Verfah-
ren in den Vermittlungsausschuss.
– Über Änderungen zu denen eine ablehnende Stellung-
2 nahme der Kommission besteht, beschließt der Rat einstim-
mig.
Vermittlung
2 7. Der Vermittlungsausschuss besteht aus 54 Mitgliedern
(27 Rat und 27 EP) und muss innerhalb von sechs Wochen
nach seiner Einberufung eine Einigung auf der Grundlage
2 des Standpunktes des EP und des Rates erzielen. Die Kom-
mission nimmt teil.
8. Kommt innerhalb der Sechs-Wochen-Frist kein gemeinsamer
2 Entwurf zustande, so ist der Rechtsakt nicht erlassen.
Dritte Lesung
9. Billigt der Vermittlungsausschuss innerhalb der Frist einen
2 gemeinsamen Entwurf, müssen EP und Rat innerhalb von
sechs Wochen den Rechtsakt erlassen. Mehrheit EP: Mehrheit
der abgegebenen Stimmen; Mehrheit Rat: Qualifizierte Mehr-
2 heit.
10. Andernfalls gilt der Rechtsakt als nicht erlassen.
2 11. Fristverlängerung ist möglich, Abs. 14.
Besondere Bestimmungen
12. Bei bestimmten Gesetzesinitiativen wird das Verfahren ent-
sprechend modifiziert.