Page 161 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          5.1  •  Rechtsquellen des EU-Rechts


          Bestehen einer Parallelität zwischen bereits genutzten Innen-
          und Außenkompetenzen der EU, [AETR, Slg. 1971, 263, WTO-
          Gutachten, Slg. 1994, I-5267] begründet werden, daneben wird
          vereinzelt auch von stillschweigenden Kompetenzen, etwa ge-
          genüber dem nicht mehr in Kraft befindlichen GATT 1947
          [International Fruit Company, Slg. 1972, 1219] gesprochen).
            Internes Zustandekommen und Wirkung derartiger Ab-
          kommen ist in Art. 218 AEUV, der bereits oben bei den Auf-
          gaben der Kommission kurz angesprochen wurde, geregelt.


            Art. 218 AEUV – Verfahren bei Abschluss
            völkerrechtlicher Verträge
            (1) Unbeschadet der besonderen Bestimmungen des Artikels
            207 werden Übereinkünfte zwischen der Union und Drittländern
            oder internationalen Organisationen nach dem im Folgenden
            beschriebenen Verfahren ausgehandelt und geschlossen.
            (2) Der Rat erteilt eine Ermächtigung zur Aufnahme von Ver-
            handlungen, legt Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die
            Unterzeichnung und schließt die Übereinkünfte.
            (3) Die Kommission oder, wenn sich die geplante Übereinkunft
            ausschließlich oder hauptsächlich auf die Gemeinsame Außen-
            und Sicherheitspolitik bezieht, der Hohe Vertreter der Union
            für Außen- und Sicherheitspolitik legt dem Rat Empfehlungen
            vor; dieser erlässt einen Beschluss über die Ermächtigung zur
            Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung, je nach
            dem Gegenstand der geplanten Übereinkunft, des Verhandlungs-
            führers oder des Leiters des Verhandlungsteams der Union.
            […]


          Ein wichtiger Merkpunkt ist, dass nach Art. 216 II AEUV die von   Integrierender Teil der Unions-
          der EU mit dritten Staaten oder Organisationen geschlossenen   rechtsordnung
          Abkommen einen integrierenden Teil der Unionsrechtsordnung
          bilden (Haegeman II, Slg. 1974, 449; Demirel, Slg. 1987, 3719).
          Die Abkommen haben zwar keinen Vorrang vor dem Primär-
          recht, aber vor den Sekundärrechtsquellen des Art. 288 AEUV
          (Haegeman II, Slg. 1974, 449). Die Unionsorgane müssen sich
          bei ihrer Rechtsetzung an die Abkommen halten.
            Auch Bestimmungen aus völkerrechtlichen Abkommen   Unmittelbare Anwendbarkeit
          nach Art. 218 AEUV können unmittelbar anwendbar, „self-  völkerrechtlicher Abkommen
          executing“ sein, d. h., es ist möglich, wenn eine Vertragsnorm
          besonders klar und unbedingt ist, dass natürliche und juristi-
          sche Personen subjektive Rechte daraus ableiten können (Kup-
          ferberg, Slg. 1982, 3641, Sevince, Slg. 1990, 3461).
            Im Fall Sevince begehrte eine türkische Staatsangehörige
          eine Aufenthaltserlaubnis in den Niederlanden. Es besteht
          ein Assoziierungsabkommen der EG mit der Türkei nach
          Art. 217 AEUV. Frau Sevince berief sich auf einen Beschluss
          des aufgrund des Abkommens eingerichteten Assoziationsra-
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