Page 160 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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154  Kapitel 5  •  Grundlagen des EU-Rechts


                                  zwar die Einlegung eines nationalen Rechtsbehelfs die Verjäh-
                                  rung hemmt, nicht aber die Einlegung eines unionsrechtlichen
                                  Rechtsbehelfs, wie das durch die Kommission eingeleitete Ver-
   2                              tragsverletzungsverfahren (Art. 258 AEUV). Der EuGH sieht
                                  darin keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskrimi-
                                  nierung, da die Kommission das Verfahren im Allgemeininter-
                                  esse und nicht im Interesse der Geschädigten führe (Danske
                                  Slagterier, Slg. 2009, I-2119 Rn. 67).

                                  Beschluss, Empfehlung und Stellungnahme
   5                              Der Beschluss hieß bis zum Inkrafttreten des VvL Entschei-
                                  dung. Er kann, als verbindliche Regelung der EU, sowohl ei-
                                  nen allgemeinen als auch individuellen Adressatenkreis haben,
                                  Art. 288 IV AEUV.
                                     Beschlüsse können sich an Individuen, also natürliche oder
                                  juristische Personen, oder auch an die Mitgliedstaaten richten.
                                  Individuelle Beschlüsse, die sich an natürliche oder juristische
                                  Personen richten, wirken unmittelbar wirken und bedürfen
                                  keiner staatlichen Umsetzung. Auch die an Mitgliedstaaten er-
                                  gangenen individuellen Beschlüsse binden diese direkt (Grad,
                                  Slg. 1970, 825).
                                     Empfehlungen und Stellungnahmen sind dagegen gemäß
                                  Art. 288 V AEUV unverbindlich. Zweck dieser Handlungs-
                                  formen  ist es, dem Adressaten ein  bestimmtes Verhalten
   2                              nahe zu legen. Obwohl Stellungnahmen und Empfehlungen
                                  nicht rechtsverbindlich sind, so können sie doch rechtser-
                                  heblich sein, also maßgeblich zur Entstehung einer Rechts-
   2                              auffassung beitragen, sie können Prozessvoraussetzung sein
                                  (Art. 258 AEUV) oder Voraussetzung für ein Unionsorgan,
   2                              handeln zu können (Art. 105 AEUV).


   2                              5.1.3  Völkerrechtliche Vereinbarungen

   2                              Die EU ist ein Völkerrechtssubjekt (Art. 47 EUV), kann also
                                  Verträge mit Drittstaaten oder anderen internationalen Orga-
   2                              nisationen abschließen, soweit sie dazu die Kompetenz von
                                  den Mitgliedstaaten übertragen bekommen hat (Prinzip der
                                  begrenzten Einzelermächtigung). Als Drittstaaten bezeichnet
   2                              man Nichtmitgliedstaaten. Der sog. „Dritte“ ist in der juristi-
                                  schen Sprache immer ein Außenstehender.
   2                                 Die Kompetenzen der EU zu völkerrechtlichen Verträgen
                                  sind teilweise ausdrücklich im EUV niedergelegt (Handels- und
                                  Zollabkommen, Art. 207, Assoziierung, Art. 217, Beziehungen
   2                              zu anderen internationalen Institutionen wie VN, OECD etc.,
                                  Art. 220 AEUV), teilweise ergeben sie sich aus sogenannten
                                  ungeschriebenen Kompetenzen (implied powers, die mit dem
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