Page 168 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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162  Kapitel 5  •  Grundlagen des EU-Rechts


                                  Der Vollzug findet in einem Über- und Unterordnungsver-
                                  hältnis statt.
                                     Soweit das EU-Recht das Verhältnis EU – Mitgliedstaa-
   2                              ten betrifft, ist die internationalrechtliche bzw. supranationale
                                  Seite betroffen. Dort gibt es keinen Vollzug im Rechtssinne,
                                  nur Zwangsmaßnahmen gemäß Art. 260 AEUV.
                                  -   die unionsunmittelbare Vollziehung,
                                  -
          Drei Vollzugstypen         Es gibt im EU-Recht mehrere Vollzugstypen:
                                      die unmittelbare mitgliedstaatliche Vollziehung und
   5                              -   die mittelbare mitgliedstaatliche Vollziehung.
          Direkter Vollzug        Die unionsunmittelbare Vollziehung bezeichnet man auch
                                  als direkten Vollzug oder zentrale Verwaltung. Diese Voll-
                                  zugsart findet in den Bereichen statt, in denen die EU selbst
                                  das EU-Recht anwendet. Die wichtigsten Bereiche sind EU-
                                  Beamten- und Arbeitsrecht und das Kartell- und Monopol-
                                  recht der Art. 101-106 AEUV. Für diese wenigen Materien ist
                                  die Kommission im AEUV ermächtigt, selbst durch eigene
                                  Ausführungsorgane das EU-Recht anzuwenden. Der Vollzug
                                  durch Unionsorgane wird determiniert durch die allgemei-
                                  nen rechtsstaatlichen Rechtsgrundsätze, die oben im Rahmen
                                  der Grundrechte angesprochen wurden (Beispiel: rechtliches
                                  Gehör).
          Indirekter Vollzug         Im Gegensatz zum direkten Vollzug steht der indirekte,
   2                              mitgliedstaatliche Vollzug. In diesem Fall wenden die Verwal-
                                  tungsbehörden der Mitgliedstaaten das EU-Recht identisch
                                  wie nationale Rechtsvorschriften an. Diese Vollzugsart ist in
   2                              den allermeisten Fällen gegeben, denn die EU hat nicht die
                                  Kompetenz zum Verwaltungsvollzug und dementsprechend
   2                              keinen Verwaltungsapparat, der vom Umfang her den Vollzug
                                  des gesamten EU-Rechts bewältigen könnte (Milchkontor, Slg.
                                  1983, 2633; Hoechst, Slg. 1989, 2859).
   2      Nationales Vollzugsrecht   Der indirekte Vollzug richtet sich grundsätzlich nach dem
                                  nationalen Recht, d. h. in Deutschland hauptsächlich nach dem
   2                              VwVfG, der VwGO und spezielle Bereiche abdeckenden Ver-
                                  waltungsrechten wie etwa der für das Steuerverfahren gelten-
   2                              den Abgabenordnung (AO) und der Finanzgerichtsordnung
                                  (FGO).
          Unmittelbare und mittelbare   Beim indirekten Vollzug bestehen zwei Arten, nämlich
   2      Vollziehung             die unmittelbare und die mittelbare Vollziehung. Unmittelbar
                                  ist die Vollziehung, wenn die nationalen Behörden direkt auf
   2                              der Grundlage des EU-Rechts handeln, wie etwa meistens bei
                                  Verordnungen und Entscheidungen. Mittelbar ist der Vollzug,
                                  wenn sie aufgrund des EU-Rechts erst eigene Ausführungs-
   2                              vorschriften erlassen müssen, so etwa bei Richtlinien. Die
                                  Richtlinien stellen nur einen Rahmen dar, in dem den Mit-
                                  gliedstaaten ein eigener Regelungsspielraum verbleibt. Den
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