Page 199 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          6.5  •  Die Freizügigkeit


          gen und Liechtenstein in den Genuss der Freiheit kommen.
          Ferner ist im Assoziierungsabkommen mit der Türkei die
          Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbart worden, die jedoch bis
          jetzt noch nicht voll verwirklicht wurde. Sie gilt nur für bereits
          ordnungsgemäß im Unionsgebiet tätige Arbeitnehmer und
          deren Familienangehörige.
          -   Diskriminierungsverbot                             Nichtdiskriminierung
          -
          Inhalt der Freizügigkeit
          -
              Bewegungs-/Aufenthaltsfreiheit
          -
              Freier Beschäftigungszugang/berufliche Schulung
              Angehörigenrechte

          Es darf keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörig-
          keit (Art. 45 II AEUV) geben. Das ist eine Konkretisierung
          von Art. 18 AEUV. Das bedeutet aber wie bei Art. 18 nur,
          dass Ausländer nicht schlechter als Inländer behandelt werden
          dürfen.
            Das Gleichbehandlungsgebot gilt für alle Arbeits- und Be-  Gleichbehandlungsgebot
          schäftigungsbedingungen; hervorzuheben sind die Bewerbung
          um eine tatsächlich angebotene Arbeitsstelle, Arbeitslohn, Ur-
          laub und Kündigung, Beteiligung in Gewerkschaften, soziale
          Vergünstigungen, etwa Bundesausbildungsförderung, Gleich-
          behandlung bei Wohnungssuche und Bausparen.
            Untersagt ist auch die versteckte Diskriminierung. Eine   Versteckte Diskriminierung
          solche liegt vor, wenn zwar bei einer Regelung nicht zwischen
          Aus- und Inländern unterschieden wird, sondern nach einem
          scheinbar neutralen Kriterium, wobei aber durch das Krite-
          rium de facto nur Ausländer benachteiligt werden (Biehl, Slg.
          1990, I-1779). Das Gebot der Nichtdiskriminierung umfasst
          auch alle steuerlichen und sozialen Vergünstigungen, die in-
          ländischen Arbeitnehmern zustehen. Beispiele: Kündigungs-
          schutz für Behinderte, Fahrtkostenentschädigungen, Bereit-
          stellung einer Wohnung durch den Arbeitgeber.
            Zur Wiederholung: Ein Sonderproblem ist die Frage der
          Inländerdiskriminierung. Grundsätzlich können die Mit-
          gliedstaaten ihre Staatsangehörigen schlechter behandeln
          als die Staatsangehörigen aus anderen Mitgliedstaaten. Nach
          der Ansicht des EuGH gelten die Freiheiten der Verträge nur
          grenzüberschreitend, also nicht für die Staatsangehörigen der
          Bundesrepublik gegen die Bundesrepublik (Morson, Slg. 1982,
          3723). Hierfür gelten die innerstaatlichen Grundrechte, wie
          z. B. die des GG. Dagegen lässt sich mit Recht vorbringen, dass
          diese Sichtweise unbefriedigend ist, weil dann innerhalb des
          Binnenmarktes unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen
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