Page 227 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          6.9  •  Die weiteren Politiken der EU


          (Anhang I zum AEUV) enthalten, aufgezählt. Nicht darunter
          fallen Baumwolle, Seide und Holz.
            Die in Art. 39 I AEUV genannten Ziele dienen vorrangig   Ziele der Agrarpolitik
          den Interessen der Landwirte. Die Sicherstellung eines ange-
          messenen Lebensstandards der Landwirte und die Verhinde-
          rung von Überproduktionen sind in der Praxis vorrangige Ziele
          der EU-Tätigkeit auf dem Gebiet der Agrarpolitik. Absatz 2
          von Art. 39 legt die Rahmenbedingungen fest, unter denen die
          Ziele erreicht werden sollen. Die in lit. a) genannte besondere
          Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit zielt zum einen auf
          die Struktur der Landwirtschaft als besonders mittelständisch
          geprägt ab und zum anderen auf die besondere Anfälligkeit
          für natürliche Einflüsse wie Klima(veränderungen) und Bo-
          dengegebenheiten.
            Die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte wird nach   Gemeinsame Marktordnungen
          Art. 40 AEUV durch gemeinsame Marktordnungen hergestellt.
          Dadurch soll eine Einheit des Agrarbinnenmarktes nach innen
          und außen hergestellt werden. Mithin sind die Landwirte ge-
          gen billige Einfuhren und Preisschwankungen auf dem Welt-
          markt geschützt. Die früher seitens der EG bestehende Pra-
          xis für jedes Produkt eine eigene Marktordnung zu schaffen,
          wurde durch eine einheitliche Marktordnung für alle Produkte
          abgelöst (VO 1308/2013, ABl. 2013L 347/671). Die meisten
          Agrarprodukte unterliegen der Marktordnung, andere, wie
          z. B. Kartoffeln, noch nicht. Das Rechtssetzungsinstrument für
          eine Marktordnung ist die Verordnung nach Art. 288 II AEUV.
            Bei der Rechtssetzung haben die EU-Organe insbesondere   Wichtig: Querschnittsklauseln
          die Querschnittsklauseln wie den Umwelt-, Verbraucher- und
          Tierschutz (Art. 11 ff. AEUV) zu beachten. Die Agrarkompe-
          tenz ist eine geteilte Kompetenz. Marktordnungen und See-
          fischereierhaltungsmaßnahmen sind allerdings von der EU
          mittlerweile abschließend geregelt.
          -   Preisfestsetzung (erfolgt durch den Ministerrat),  Lenkungsmittel der Agrarpo-
            Die Lenkungsmittel der Agrarpolitik sind beispielsweise:
          -
                                                                              litik
          -   Intervention (Ankaufspflicht staatlicher Interventions-
            stellen für bestimmte Produkte, z. B. Getreide, Milch),
              Beihilfen für bestimmte Produkte, etwa die sog. Erstat-
            tung (Exportzuschuss) für Exporte in dritte Länder.
            Durch eine Erstattung wird ein Produkt konkurrenzfähig
            gemacht, wenn es ursprünglich teurer als das Drittland-
          -   Einfuhrzölle auf Importe aus Drittländern. Sie werden
            produkt ist.

            nach der Preisfestsetzung für die Ware berechnet.

          Technisch wird die Finanzierung der Erstattungen, der Inter-
          ventionen und der Maßnahmen nach Art. 39 I lit. a AEUV
          durch zwei Fonds im Sinne des Art. 40 III AEUV, dem Eu-
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