Page 229 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
P. 229

6
                                                                 223
          6.9  •  Die weiteren Politiken der EU


            Nach Art. 90 I AEUV werden von dem Titel originär nur
          der Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr umfasst.
          Nach Absatz 2 der Vorschrift können auch Regelungen für
          den Seeschifffahrts- und den Luftfahrtsverkehr (innerhalb
          der Union) erlassen werden. Der Rat hat von dieser Kompe-
          tenz vielfältig Gebrauch gemacht und u. a. die Anwendung der
          Wettbewerbsregeln (Art. 101, 102 AEUV) auf den See- und
          Luftfahrtverkehr beschlossen.


            Art. 91 AEUV – Durchführungsrechtsetzung
            (1) Zur Durchführung des Artikels 90 werden das Europäische
            Parlament und der Rat unter Berücksichtigung der Besonderhei-
            ten des Verkehrs gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfah-
            ren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses
            sowie des Ausschusses der Regionen
            a)  für den internationalen Verkehr aus oder nach dem Hoheits-
               gebiet eines Mitgliedstaats oder für den Durchgangsverkehr
               durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaa-
               ten gemeinsame Regeln aufstellen;
            b)  für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Verkehr
               innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind,
               die Bedingungen festlegen;
            c)  Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erlassen;
            d)  alle sonstigen zweckdienlichen Vorschriften erlassen.
            (2) Beim Erlass von Maßnahmen nach Absatz 1 wird den Fällen
            Rechnung getragen, in denen die Anwendung den Lebensstan-
            dard und die Beschäftigungslage in bestimmten Regionen sowie
            den Betrieb der Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen
            könnte.



          Neben diesen Zielen der Verkehrspolitik gelten zusätzlich
          die allgemeinen Ziele der EU wie Nichtdiskriminierung und
          Schutz des Wettbewerbs vor Verfälschungen. Das Verfahren
          zur Rechtsetzung in der Verkehrspolitik ist das ordentliche Ge-
          setzgebungsverfahren, verknüpft mit der Anhörung von WSA
          und Ausschuss der Regionen.
            Die Rechtsakte, die der Rat erlassen kann, werden Re-   Rechtsaktformen
          geln (a), Bedingungen (b), Maßnahmen (c) und sonstige
          Vorschriften (d) genannt. Diese Handlungsformen sind in
          Art. 288 AEUV nicht aufgeführt. Dennoch sind aus systema-
          tischen Gründen die dortigen Rechtssetzungsformen anzu-
          wenden, da der Oberbegriff „sonstige Vorschriften“ in Art. 91 I
          lit. d) AEUV verbindliche Rechtsakte meint und die EU-Or-
          gane solche nur in der Form des Art. 288 AEUV erlassen kön-
          nen. Die unterschiedliche Begrifflichkeit in Art. 91 AEUV ist
          folglich nicht technisch zu verstehen.
            EP und Rat können Normen bezüglich folgender Materien
          erlassen: Gemeinsame Regeln für den Verkehr zwischen den
   224   225   226   227   228   229   230   231   232   233   234