Page 303 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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298 Kapitel 8 • Klausurfall
Fall, wenn der Bescheid des Landes Rheinland-Pfalz die nach
§ 35 S. 1 Rh.-Pf. VwVfG an einen Verwaltungsakt zu stellenden
Voraussetzungen erfüllt. Das ist bei dem Bescheid des Landes als
2 hoheitlicher Maßnahme unproblematisch gegeben. Somit ist die
Anfechtungsklage die statthafte Klageart.
III. Klagebefugnis
Möglichkeitstheorie Fraglich ist, ob A klagebefugt ist. Nach § 42 II VwGO ist dafür erfor-
derlich, dass der Kläger geltend macht, durch den angegriffenen
Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Für „geltend
machen“ ist die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ausreichend
(„Möglichkeitstheorie“). Es könnte sein, dass A durch die Rück-
forderung in ihren Rechten aus Art. 2 I GG, der nach Art. 19 III GG
auch für juristische Personen gilt, verletzt ist, da die Rückforde-
rung ihre allgemeine Handlungsfreiheit in finanzieller Hinsicht
beeinträchtigt.
IV. Vorverfahren, § 68 VwGO
Ein Vorverfahren gegen den Rückforderungsbescheid muss nicht
8 durchgeführt werden, da er von einer obersten Landesbehörde
erlassen worden ist, § 68 I Nr. 1 VwGO. [Anmerkung: Das Vor-
verfahren wurde in einigen Bundesländern weitgehend abge-
schafft.]
V. Klagegegner, § 78 VwGO
Klagegegner ist das Land Rheinland-Pfalz, § 78 I Nr. 1 VwGO. [In
Bayern im Rahmen der Begründetheit prüfen.]
2 Hier darf man etwas unter- VI. Sonstige Prozessvoraussetzungen
Die weiteren Prozessvoraussetzungen wie Form- und Fristerfor-
stellen, sonst nie. dernisse sind mangels näherer Angaben im Sachverhalt als ge-
2 geben anzusehen.
VII. Zwischenergebnis
2 Die Klage von A gegen den Bescheid ist als Anfechtungsklage zum
VG zulässig.
2 B. Begründetheit
Die Klage ist begründet, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig
und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I
2 1 VwGO.
I. Rechtsgrundlage
2 Als in die Rechte des Einzelnen eingreifendes Verwaltungshan-
deln bedarf der Rückforderungsbescheid einer Rechtsgrundlage,
welche hier in § 48 I, II VwVfG zu sehen ist.
2 II. Formelle Rechtmäßigkeit
Mangels Hinweisen im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass
2 der Rücknahmebescheid formell rechtmäßig ist.
III. Materielle Rechtmäßigkeit
2 Zu untersuchen ist, ob der Bescheid auch materiell rechtmäßig ist.
1. Rechtswidriger Verwaltungsakt
Die Beihilfegewährung war rechtswidrig, wie der EuGH in seinem
Urteil Alcan I (s. o.) rechtsverbindlich festgestellt hat.