Page 304 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          8.2  •  Fall: „Rückforderung von Beihilfen“


          2. Gewährung einer Geldleistung
          Der ursprüngliche Bescheid gewährte eine Geldleistung in Höhe
          von 8 Mio. DM, so dass dieses Erfordernis ebenfalls erfüllt ist.
          3. Vertrauensschutz
          Ferner müsste A in schutzwürdiger Weise auf die Rechtmäßigkeit
          der Geldleistung vertraut haben.
          a) Schutzwürdiges Vertrauen
          Fraglich ist, ob das Vertrauen der Firma A in die Rechtmäßigkeit
          des Bescheides schutzwürdig ist. Zuerst ist dazu festzustellen, dass
          der Grundsatz des Vertrauensschutzes auch ein Rechtsgrundsatz
          des Unionsrechts ist, da er zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen
          gehört, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemein-
          sam sind (vgl. Art. 340 AEUV, Art. 6 EUV) und die vom EuGH zur
          Auslegung von Unionsrecht herangezogen werden. Somit muss
          der Grundsatz von der KOM bei ihren Entscheidungen beachtet
          werden und A kann sich darauf berufen.
          aa) Grobe Fahrlässigkeit
          Das Vertrauen ist jedoch nach § 48 II 3 Nr. 3 VwVfG nicht schutz-  Verletzung der Sorgfalt in
          würdig, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwal-  besonders schwerem Maße
          tungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.   Vergewisserungspflicht
          Grob fahrlässiges Handeln liegt vor, wenn der Beihilfeempfän-
          ger die nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten
          zu beurteilende, erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem
          Maße verletzt hat (vgl. auch die Definition in § 45 II 3 Nr. 3 SGB X).
          Die A hat sich nicht erkundigt, ob die Beihilfe des Landes bei der
          Kommission notifiziert worden ist. Nach der ständigen Rechtspre-
          chung des EuGH obliegt dem beihilfebegünstigten Unternehmen
          als sorgfältigem Wirtschaftsteilnehmer die Rechtspflicht, sich zu
          vergewissern, ob das Notifizierungsverfahren eingehalten worden
          ist (BUG, Slg. 1990, I-3437). Das ergebe sich auch aus der allge-
          meinen Mitteilung der Kommission im Amtsblatt der EU im Jahre
          1983 (ABl. C 318, S. 3), wo sie darauf hinwies, dass Beihilfeemp-
          fänger bei Nichtbeachtung des in Art. 108 AEUV niedergelegten
          Verfahrens mit der Rückzahlung der Beihilfe zu rechnen haben.
          Hiernach wäre A mangels Erkundigung als bösgläubig anzusehen.
          An dieser Ansicht des EuGH wird Kritik geübt, da kleinere und
          mittlere Unternehmen, die häufig auch keine Rechtsabteilung ha-
          ben, der oben beschriebenen Kontrollpflicht kaum nachkommen
          können. Solche Unternehmen werden auch nicht zum Leserkreis
          des Amtsblattes gehören. Eine besonders schwere Sorgfalts-
          pflichtverletzung ist in diesen Fällen wohl kaum zu bejahen.
          Folgt man der letzteren Ansicht wäre A grob fahrlässiges Handeln
          nicht vorzuwerfen. Dann müsste weiterhin untersucht werden,
          ob A in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungs-
          aktes vertraut hat, § 48 II 1, 2 VwVfG.
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