Page 35 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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ergab, dass ich schon als zehnjähriger ein Wissen hatte
wie ein sechzig- oder siebzigjähriger Mann; es hieß, ich
hätte mein Leben schon gelebt und sei sehr Weise, ohne
Worte. Diese Abklärung verdrängte ich direkt. Ich
brauchte keine Vormundschaft, keine psychologischen
Abklärungen oder Gutachten aller Art, auch wenn es
darunter auch Menschen gab mit Herz, nicht die, die
nach einem Schema des Staates ihren Weg planen wie
Marionetten, die oft deinen Weg vorbestimmen, was mit
dir abläuft, gewisse Juristen als Paragrafenhengste. Oft
sind es aber auch nur Menschen, die denken, durch
Menschen wie mich könnten sie ihre Vergangenheit auf-
arbeiten. Weit gefehlt! Egal, was für einen Job oder Le-
bensweg jemand begeht: Sei einfach ehrlich zu dir, sowie
den anderen gegenüber und habe ein eigenes stabiles
Fundament an Wissen und Praxis, sonst versinkst du im
eigenen Sumpf der Lügen, denn eines Tages fällt alles auf
dich zurück. Wer kann damit umgehen, EHRLICH in den
EIGENEN Spiegel zu schauen? Wen interessiert das
Kindsrecht, das Recht des Schwachen? Es ist doch viel
leichter, jemanden in der Versenkung verschwinden zu
lassen, als sich seiner anzunehmen; Liebe, Achtung, Ver-
ständnis oder ein Lächeln, dass das Gegenüber dich
wahrnehmen darf als Individuum, nicht als Patienten. Oft
braucht es nur ein offenes und ehrliches Lächeln von dir
zurück, aber du kannst dich auch das ganze Leben als
Patient anmelden, auf dem Rücken der Mitmenschen
und Freunde. Das empfinde ich als sehr leichtsinnig und
pietätlos, aber jeder ist sich selbst der Nächste. Ich bin
ein rigoroser Kämpfer, ein Guerillakämpfer der besonde-
ren Art: Das Menschenrecht in die eigene Hand zu neh-
men, bedeutet viel für mich, egal, wie hoch die Stufen
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