Page 30 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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den meine neuen Papiere. Aber es geschah mir bis zum
heutigen Tag, dass Menschen mir entweder 15. oder
18. Mai zum Geburtstag gratulieren. Der Grund dafür,
dass ich dieses Buch überhaupt zu schreiben begann, ist,
dass ich mein Leben lang denunziert und angelogen wur-
de von der Pfarrfamilie. Ewig hieß es, wir retteten diese
Kinder aus den Slums. Wäre die Schweiz nicht so stur,
hätten die Behörden schon lange Lügendetektoren ein-
geführt. Aber ich halte immer noch Trümpfe in den Hän-
den, und ein zweites Buch ist unter Verschluss. Ich sollte
vermutlich den Pfarrer, Juristen, Nationalräte sowie die
Heilsarmee verklagen und das französische Konsulat, das
Internationale Schweizerische Rote Kreuz sowie die Be-
hörden allgemein in der Schweiz und Frankreich. In ge-
wissem Sinn läuft vermutlich gerade so etwas ab, ich
kämpfe nur um das simple Menschenrecht, national wie
international. Wir hatten im Pfarrhaus oft Besuch von
Ärzten, Wissenschaftlern, Politikern aller Art, sowie von
einem ganz speziellen und sehr liebenswerten, berühm-
ten Bundespräsidenten aus dem Bundeshaus Bern,
Schweiz. Er war ein sehr offener Mensch. Der Pfarrer
nützte das auch aus für sich selber aus. Ich selber nahm
alles sanft in mich auf, denn ich war noch ein Junge, aber
nicht sehr naiv, wie man das von Kindern aus den Slums
allgemein denkt. Eines Tages kam der Bundesrat wieder
zu einem Mittagessen und es kam gleich zu einem spezi-
ellen Thema, denn der Pfarrer wollte einiges wissen, was
den Organen der Kirche sehr ähnlich sah, wie es mir rü-
berkam. Vor einem Mittagessen bettelte der Pfarrer den
Bundespräsidenten an: Erkläre und verrate mir bitte das
Geheimnis, wie du mir versprochen hast! Da konnte sich
der Bundesrat nicht mehr zurückhalten und erklärte
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