Page 28 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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ten? Nebenbei sollten wir auch diverse Male in ein Kin-
         derheim  abgeschoben  werden,  aber  gewisse  Personen,
         die ich auch kannte, intervenierten sofort, denn das hät-
         te dem Ruf der Heiligkeit geschadet. Nebenbei hatte ich
         dem Pfarrer als Siebenjähriger das Leben gerettet, als ihn
         ein  schwer  Alkoholsüchtiger  ein  Messer  in  die  Brust
         stach. Als der Pfarrer wieder aus dem Triemlispital zurück
         war, war sein Kommentar: Liebste, ich habe das Messer
         knapp ein bis zwei Millimeter von der Herzkammer drin
         gehabt,  hatte  ich  ein  Glück.  Und  ich  dachte  für  mich,
         hätte ich ihn retten sollen oder nicht? Aber mein Inneres
         sagte Ja. Das zweite Mal rettete ich ihm das Leben als 13-
         Jähriger,  als  ich  aufwachte  und  jemanden  in  der  Küche
         wahrnahm. Ich schlich mich sofort runter und beobach-
         tete einen bekannten Besucher, der ins Haus eingebro-
         chen war, voll frustriert und auf Drogen, wie er die Flei-
         schermesser  wetzte  und  sagte,  Ich  bringe  diesen  ver-
         dammten  und  verlogenen  Pfarrer  um!  Da  schlich  ich
         mich  zu  den  Pflegeeltern  ins  Schlafzimmer  und  weckte
         sie ganz leise, ich schilderte ihnen kurz, was R. B. in der
         Küche  tat.  Dabei  erwachte  nach  und  nach  das  ganze
         Haus. Der Pfarrer nahm den Karabiner und pflanzte das
         Bajonett  obendrauf.  Dann  warteten  wir  leise  an  der
         Treppe, alle hörten R. B. sprechen, jetzt bringe ich dann
         den  verlogenen  Pfarrer  um!  Als  R. B.  im  Blickfeld  war,
         verlangte der Pfarrer vehement, dass R. B. die Fleischer-
         messer  auf  den  Boden  legen  solle.  Ich  wollte  sie  R. B.
         wegnehmen, aber der Pfarrer sagte, dass ich es bleiben
         lassen  soll,  denn  ich  könnte  verletzt  werden.  Nach
         ca. 10 Minuten war der Spuk vorbei, und R. B. weinte nur
         noch und entschuldigte sich zutiefst. Später behauptete
         der Pfarrer öffentlich, R. B. habe ihm das Leben gerettet.



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