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Einfluss der Beziehung Mensch – Hund auf die Arbeitsleistung des Hundes
In einer sehr engen,begrenzten Gruppe kann man die Beziehungen sche- Das Arbeitsniveau selbst zeigt bei diesen beiden Modellen eine ver-
matisch auf dreierlei Weise beschreiben: „autoritär“, „demokratisch“ gleichbare Effizienz. In beiden Fällen werden die Opfer entdeckt.
oder „laisser faire“. Während der Arbeit verrichtet der Hund eine Allerdings in extremen Situationen, wenn der Hund sich physisch er-
Aufgabe nach dem Bedarf seines Hundeführers.Er befindet sich in einer schöpft fühlt, scheint das „demokratische“ ModellVorteile zu bieten.
dominierten Situation, bei der der Mensch den Status des Dominanten
Der Hund in der „demokratischen“ Beziehung arbeitet unter schwieri-
hat (soziale Struktur des Typs Alpha-Omega). In diesem Fall ist ein
gen Bedingungen länger.Durch die Ermunterungen seines Hundeführers
Verhältnis nach dem Modell „laisser faire“ zu vermeiden, es ermöglicht
scheint er in der Lage zu sein,größere Belastungen ertragen zu können.
nicht die Durchführung einer bestimmtenAufgabe.DerVerhaltensstil zwi-
schen Mensch und Hund muss deshalb entweder nach dem „autoritä- Die Hunde in einer autoritären Beziehung weigern sich,dieAnweisungen
ren“ oder dem „demokratischen“ Modell erfolgen. Im Laufe der ihrer Hundeführer zu verfolgen, wenn die Belastung ihre
Expedition „Licancabur – Gipfelhunde“ imApril 1996 in Chile wurde das Lebensfunktionen beeinträchtigt.Diese Rebellion kann bis zumAuftreten
Verhalten von Rettungshunden in großer Höhe untersucht.Wir konnten von aggressivemVerhalten gegen den Besitzer gehen.Die Beziehung zwi-
den Einfluss des Beziehungsstils auf dasVerhalten des Hundes in extre- schen Mensch und Hund wird bestimmt durch die Verrichtung einer
men Situationen beobachten. Eine autoritäre Beziehung ist dadurch ge- Aufgabe in Extremsituationen.
kennzeichnet, dass sie dem Hund keinerlei Freiheiten lässt. Die Suche
DieAkzeptanz einer Belastung durch den Hund scheint höher entwickelt
nach Opfern wird vollkommen durch den Hundebesitzer gesteuert,der
zu sein, wenn die Beziehung der beiden auf einem gegenseitigen
die Erkundungstechnik vorgibt. Der Hund ist in einem dauerhaften vi-
Austausch besteht. Es scheint interessant, die Arbeit von Hund und
suellen Kontakt mit seinem Besitzer und er zeigt ein Opfer erst dann an,
wenn er vom Hundeführer dazu ermutigt wurde.In einer Beziehung ver- Mensch in einer „demokratischen“ Beziehung aufzubauen und einen ge-
richtet jeder einzelne eine komplementäre Aufgabe. Der Hund kann als meinsamen Entscheidungsprozess der beiden Partner zu fördern.
die Nase des Menschen betrachtet werden,der die Entscheidungen trifft.
Bei einem demokratischen Modell wird die Suchzone vom Hund und sei-
nem Hundeführer getrennt abgesucht.DasAnzeigen eines Opfers ist das
Ergebnis eines gemeinsamen Prozesses von Hund und Mensch.Der Hund
sucht als Synergie-Effekt. Jean-Marc Poupard,
Forscher am Labor
für Biosoziologie
fürTiere und Menschen,
Universität Paris V – Sorbonne –
René-Descartes
SchematischerAufbau eines Suchvorgangs inAbhängigkeit der Erziehungsart
„Demokratische“ Beziehung „Autoritäre” Beziehung
1.Visuelles Absuchen des Suchgebietes 1. Der Hund wird in das Suchgebiet geführt.
Der Hund wendet sich sofort einem eng umgrenzten Gebiet zu,in dem Der Hund folgt seinem Hundeführer in das Suchgebiet.
die Opfer sich befinden.
2.Absuchen des Gebietes und seiner Umgebung.
2. Erkundung des Gebiets in der Umgebung
Der Hund geht an der Seite des Hundeführers.
Der Hund durchläuft das Gebiet.
Der Hund reagiert regelmäßig auf seinen Hundeführer.
Der Hund nimmt die Geruchsinformationen auf, wo sich die Opfer be-
In dieser Phase arbeiten Hund und Hundeführer gemeinsam.Der Hund
finden. Das Suchgebiet wird auf die Umgebung erweitert. Die
steht unter der ständigen Autorität seines Hundeführers.
Bewegungen werden schneller. Der Hund kann entgegen der
Anweisungen seines Hundeführers handeln und entfernt sich von diesem 3.Auffinden des Opfers.
Gebiet. Während dieser Erkundungsphase arbeiten Hund und
Hundeführer mehr oder weniger unabhängig von einander. Hund und Während des Absuchens bleibt der Hund an einem möglichen Fundort
eines Opfers stehen.Der Hund schnüffelt sichtbar.Er nimmt Sichtkontakt
Hundeführer sind relativ weit voneinander entfernt.
mit seinem Hundeführer auf. Der Hund markiert die Fundstelle, wenn
3.Auffinden des Opfers er dazu vom Hundeführer ermuntert wird. Dies alles vollzieht sich,
wenn der Hund das Einverständnis seines Hundeführers erhält, die
Der Hund kehrt zu den vorher abgesuchten Punkten zurück und erkennt
Fundstelle anzuzeigen.
mögliche Fundstellen eines Opfers.Der Hund schnüffelt intensiver.Der
Hund erwartet, dass sein Hundeführer sich ihm nähert, er stellt
Sichtkontakt mit seinem Hundeführer her.Der Hund zeigt ein Opfer an,
wenn er vom Hundeführer dazu ermuntert wird.Alles vollzieht sich in
einer Konfrontation zwischen Folgerungen des Hundes und seines
Hundeführers.
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