Page 87 - Michaels_Buch Februar_neu

Der Dienst an der Waffe würde mich einerseits verpflichten, im Ernstfall Gewalt als Konfliktlösung
zu akzeptieren und sogar zwingen, diese anzuwenden. Andererseits ginge durch den Umgang mit
den Waffen meine Hemmung vor Ihnen verloren. Deswegen ist der Kriegsdienst mit der Waffe nicht
mit meiner Persönlichkeit, meiner Anschauung und meinen Gewissen in Einklang zu bringen. Die
Verweigerung ist für mich auch ein Ausdruck meiner politischen Einstellung, denn dadurch bin ich
in der Lage, die weitere Aufrüstung und Entwicklung von Vernichtungsmaschinen zu negieren.
Ohne Verweigerung würde ich mich auch damit einverstanden erklären, dass Milliardensummen in
die Erforschung neuer Kampfstoffe und die Ausarbeitung technisch noch hochwertigerer Waffen
gesteckt werden. Auch wenn ich durch das Ableisten des Zivildienstes nichts dagegen unternehmen
kann, so habe ich doch die Gewissheit, für Menschen zu handeln und nicht gegen sie.
Im Kriegsfall müsste ich im Kampf gegen andere Menschen mit brutaler Härte vorgehen, sie töten
oder verletzen. Das menschliche Leben ist das höchste existierende Gut, und ich sehe mich nicht als
jemanden, der darüber bestimmen kann. Vor allem aber stört mich, dass der Soldat als
Leidtragender für Machtgelüste und Taktik aus der Politik und Wirtschaft herhalten muss.
Darum möchte ich auch nicht im Sanitätsdienst der Bundeswehr tätig werden. Dort müsste ich im
Kriegsfall dafür sorgen, dass verwundete Soldaten, die eigentlich schon genug Leid erlebt haben,
wieder eingesetzt werden können. Dies kann ich nicht mit meinen Gewissen vereinbaren, da ich
mich sowohl für den verwundeten Soldaten sowie für die Soldaten, die dieser durch meine Hilfe
verwundet oder gar tötet hat, verantwortlich sehen muss.

Mir ist bewusst, dass ich im Falle einer gegen meinen Willen stattfindenden Einziehung auf keinen
Fall eine Waffe in die Hand nehmen werde, auch wenn ich dadurch mit großen Problemen zu
rechnen habe, aber meine Einstellung wird mir helfen, Sanktionen und Haft auf mich zu nehmen.

Das hat die richtige Wirkung erzielt und Christian konnte seinen Ersatzdienst antreten. Er arbeitete
bei einem Pflegedienst mit älteren Menschen und hat eine Menge für sein weiteres Leben gelernt.
Hanna hat mir im Leben fast immer nur Freude gemacht. Ich kann mich nur an diese unsägliche
Party in Hannover erinnern, aus der ich sie zusammen mit ihrer Freundin geholt hatte. Sie war sehr
verantwortungsbewusst und ich konnte mich auf sie verlassen, bis dann etwas passiert ist, das mich
so wütend gemacht hat, dass ich sie beinahe geschlagen hätte. Hanna machte den Führerschein. Ich
hab nie gesehen, dass sie für die theoretische Prüfung gelernt hat, aber auf Nachfrage sagte sie, es
wäre kein Problem. Da ihr auch in der Schule alles sehr leicht fiel, machte ich mir keine Gedanken.

Dann kam der Tag der Prüfung. Sie ging gut gelaunt in den Prüfungsraum und kam mit einer
Leichenmiene wieder raus. Ich dachte, sie wolle mich veräppeln, weil ich nicht glauben konnte,
dass sie durchgefallen war. Doch genau das war passiert. Ich hatte meinen Kindern eingebläut, dass
nichts schlimmer ist, als durch eine Prüfung zu fallen, für die man lernen konnte. Wenn man durch
eine praktische Prüfung fällt, hat man Pech gehabt. Und nun war ausgerechnet Hanna
durchgefallen. Ich konnte mich gar nicht beruhigen und war noch tagelang sauer auf meine Tochter.

Und dann kam Hannas 18er Geburtstag. Doreen hatte vor, die untere Etage komplett zu renovieren
und deshalb konnte die Party dort stattfinden. Da danach alles neu gemacht wurde, stand einer
Verwüstung nichts im Wege. Es kamen über 100 Gäste und es war die Hölle los. Wir hatten alle
Hände voll zu tun, um alle zu bewirten und es ging bis morgens um 3 Uhr. Danach waren wir
vollkommen erledigt und unser Keller ein einziger Trümmerhaufen. Das war dann auch die letzte
Party, die Hanna bei uns zu Hause gefeiert hat. Für alle Weiteren wurde irgendwo eine
Räumlichkeit angemietet.

2002 Medienspektakel

Am ersten Januar war die Deutsche Mark Geschichte und wir mussten uns auf den Euro einstellen.
Da ich schon seit geraumer Zeit keine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge gemacht hatte, nahm ich die