Page 92 - Michaels_Buch Februar_neu
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Manchmal habe ich fünf Platzrunden mit halbwegs guten Landungen gemacht und dachte schon,
            jetzt wäre ich soweit, aber beim nächsten Mal war ich wieder richtig schlecht. Zu Hause habe ich
            gejammert, wie schlimm das alles sei. Doreen hat mich ausgelacht und gefragt, warum ich es nicht
            sein lassen würde. Ich habe aber nicht aufgegeben, obwohl ich manchmal dachte, ich werde der
            einzige auf der Welt sein, der das nie schafft.


            Im Laufe der Zeit wurde es immer besser. Mittlerweile durfte ich allein zur Tankstelle rollen, tanken
            und dann entweder Hans oder Michael vor dem Start abholen. Ich war gerade soweit, dass ich mich
            recht sicher fühlte, als ich mal wieder zum Tanken rollte. Auf dem Zubringer konnte ich die Bahn
            gut überblicken und ein Kumpel von mir setzte gerade zur Landung an. Er fing das Flugzeug viel zu
            hoch ab, knallte runter, ging noch mal hoch und statt durchzustarten, versuchte er die Landung zu
            erzwingen. Eine Fläche hat den Boden berührt und dann brach das Bugrad ab und der Flieger kippte
            nach vorn. Teile des Propellers flogen durch die Gegend und endlich kam das Flugzeug zum Stehen.

            Mein Kumpel kletterte aus dem demolierten Flugzeug und ich rannte auf ihn zu. Ich habe noch nie
            jemanden gesehen, der so weiß im Gesicht war. Es ist ihm zwar nichts passiert, aber er stand total
            unter Schock und konnte nicht einmal mit mir reden.

            Mit meinem gerade gewonnenen Selbstvertrauen war es nun vorbei und meine Landungen wurden
            wieder schlechter. Aber wenn man so verbissen um etwas kämpft wie ich das tat, wird man
            irgendwann belohnt. Und das war am 31. August der Fall.

            Ich drehte mit Hans zwei Platzrunden, als er bei der zweiten sagte, ich solle eine Abschlusslandung
            machen. Dann rollten wir zum Hangar. Er stieg aus und Michael stieg ein. Auch mit ihm drehte ich
            zwei Platzrunden und rollte wieder zum Hangar. Jetzt stieg Michael aus und sagte zu mir. “Du bist
            soweit, jetzt fliegst Du eine Platzrunde allein.“ Das war nun ein absolut aufregender Moment und
            dementsprechend nervös war ich. Ich startete, drehte die Platzrunde und machte mich für die
            Landung bereit. Ich zitterte am ganzen Körper. Alles in mir verkrampfte sich und mir wurde leicht
            übel, aber ich musste ja runter. Ich legte eine perfekte Landung hin aber direkt danach bekam ich
            einen höllischen Stich in den Rücken. Offensichtlich kam das dadurch, dass sich nach dem
            erfolgreichen Aufsetzen meine Verkrampfung gelöst hatte. Es dauerte mehrere Wochen, bis ich so
            sicher war, dass ich diesen Stich nicht mehr bekam.


            Nach einigen Wochen, bei denen ich allein Platzrunden gedreht und immer mal wieder
            Lehrerstunden hatte, durfte ich zum ersten Mal zu einem anderen Flugplatz fliegen. Ich hatte mir
            Edesse ausgesucht, weil ich dort schon einmal mit Hans hingeflogen war. Ich machte meine
            Flugvorbereitung, zog eine Linie in der Fliegerkarte von Hildesheim nach Edesse und rechnete
            meinen Kurs aus. Dann stieg ich in den Zephyr und startete. In Edesse angekommen reihte ich mich
            hinter einen anderen Flieger in die Platzrunde ein und ging schließlich in den Endanflug. Ich habe
            das Flugzeug dann wohl recht hoch abgefangen, denn es fiel und fiel, mir kam das wie eine
            Ewigkeit vor, aber es war anscheinend nur kurz, denn ich setzte zwar etwas heftig auf, aber sonst
            war nichts passiert.

            Dann kam der 25. Oktober, der Tag meiner praktischen Prüfung. Mittlerweile hatten Hanna und
            Andi ebenfalls angefangen, einen Flugschein zu machen und beide hatten am gleichen Tag
            theoretische Prüfung. Ich saß in einer Ecke und machte meine Flugvorbereitungen, während meine
            Kinder auf der anderen Seite des Raumes ihre Theorieprüfung ablegten.


            Nachdem ich meine Flugvorbereitung absolviert hatte, ging ich zu meinem Flieger und startete. Der
            Prüfer schickte mich per Funk auf 2000 Fuß und von dort musste ich eine Ziellandeübung machen.
            Man kreist über dem Tower und dann stellt man den Motor auf Leerlauf und segelt wie ein
            Segelflugzeug in Kreisen zu Boden. Man muss genau in der Mitte der Bahn aufkommen. Das war
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