Page 208 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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E, Meumann.
jgg
und Vogel) lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass das Kind
sie in keiner Weise als eine gemeinsame Klasse von Dingen auffasst.
Der Wortinhalt wird daher einfach in so naiver Weise bereichert,
weil dem Kinde das Bewusstsein noch völlig fehlt, dass ein Wort-
inhalt eine logische Einheit zusanunengehöriger Merkmale sein soll,
welche durch logische Synthese und nicht durch das Spiel der Asso-
ciation zu Stande kommen muss. Es ist in Folge dessen ganz un-
möglich, diesen Process als »Verallgemeinerung« eines Begriffes oder
Wortes zu bezeichnen ; jedes Wort ist hierbei unzutreffend. Es han-
delt sich weder um Verallgemeinerung noch um einen Begriff, und
ebenso nicht um Wortverallgemeinerung. Es ist associative Ueber-
tragung eines Wortes auf einen ganz neuen Inhalt, die mit dem, was
man gewöhnlich unter Verallgemeinerung versteht, nichts gemein hat.
Der Anschein der Verallgemeinerung besteht nur für den Er-
wachsenen, der die in Wahrheit wirksamen Processe nicht kennt.
Etwas anders steht die Sache bei den zuerst genannten Objecten,
den Insecten und den Flüssigkeiten. Der Process ist hier dieser,
dass das Kind sein Wort kuak erworben hat bei einer bestimmten
Wahrnehmung, als es diese bestimmte Ente auf dem Wasser sah.
Die Bezeichnung ist also jedenfalls zunächst Individualbezeichnung
(die Wahl des onomatopoetischen Wortes kuak können wir als für
unseren gegenwärtigen Zweck belanglos betrachten). Wenn überhaupt
eine Analyse dieses Gesammteindruckes »Ente auf dem Wasser«
stattgefunden hat, so enthält sie nur diese beiden »Merkmale« flie-
gendes oder geflügeltes Thier und Flüssigkeit. Diese sind ferner
offenbar gar keine eigentlichen »Merkmale«. Das Kind verräth viel-
mehr durch die unbekümmerte Art und Weise, wie das Wort ver-
wendet wird, überall wo etwas der Ente und dem Wasser nur ent-
fernt ähnliches wiederkehrt, dass sie nichts von dem Charakter jener
bestimmt begrenzten Merkmale der Begriffe des erwachsenen Menschen
an sich tragen. Sie sind als die beiden Seiten der Gesammtwahr-
nehmung aufzufassen, welche dem Kinde besonders aufgefallen sind
und welche sich mit den Namen associirt haben. Ueberall nun, wo
diese beiden Bestandtheile eines Wahrnehmungsobjectes wiederkehren,
wirken sie reproducirend auf die associirte Benennung. Es bethätigt
sich hierbei jenes Gesetz der Aehnlichkeitsassociation, nach welchem
auf Grund der Association eines Eindrucks A mit einer Vorstellung B