Page 210 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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E. Meumann.
jgg
Abstraction des Erwachsenen. Ich verstehe unter dieser das Her-
voiixeten einzelner Eigenschaften (Theilwahrnehmungen) in einem
Wahrnehmungscomplex, wobei von den übrigen appercipirbaren Eigen-
schaften (Theilwahrnehmungen) abgesehen wird. Die primitive Vor-
stufe dieses Processes beim Kinde ist nun in den beiden Punkten von
der »psychologischen« Abstraction des Erwachsenen verschieden zu
denken, dass es 1) die Fülle der verschiedenen Eigenschaften der
Gegenstände nicht appercipirt und wegen seines äußerst geringen
Wissens nicht appercipiren kann, und dass 2) eben deswegen das
deutlichere Hervortreten derjenigen Eigenschaften, welche benannt
und appercipirt werden, durch eine sehr viel geringere psychische
Leistung zu Stande kommt. Für den Erwachsenen wäre es schon eine
besondere Leistung, aus so verschiedenen Objecten, wie den Vögeln
und Insecten, das Gemeinsame herauszufinden, für das Kind ist diese
Leistung eine außerordentHch einfache und elementare, denn für die
kindliche Aufmerksamkeit sind bei weitem die größere Anzahl jener
Verschiedenheiten der Dinge, aus denen die Aehnlichkeit heraus-
gefunden werden soll, noch nicht da.
Daraus erklärt sich auch eine allgemeine Eigenthümlichkeit aller
ersten Benennungen des Kindes: Das Kind findet mit erstaunlicher
Sicherheit die Aehnlichkeiten verschiedenartiger Dinge heraus; selbst
da, wo das dem Erwachsenen oft große Schwierigkeiten macht. Die
Arbeit seiner Apperception ist hierbei die denkbar einfachste: Wir
bemerken nur, was wir wissen. Das Kind wird daher von den Ver-
schiedenheiten der Dinge nicht gestört.
Was ich bisher an einem Beispiele ausgeführt habe, lässt sich
durch zahlreiche weitere Beispiele beglaubigen. Eduard Schulte
theilt folgende Beobachtungen mit (Preyer S. 293): * Ein Knabe von
1^/4 Jahren wandte den oft gehörten, also nachgeahmten Freudenruf
»a'«, indem er ihn zuerst in »eix«., in »a%e« und dann in ass ver-
wandelte, auf seinen hölzernen, auf Bädern stehenden, mit einem
rauhen Fell bekleideten Ziegenbock an. »e*;i« wurde dann ausschließ-
lich Freudenruf, »6«S5« wurde der Name für alles, was sich fort-
bewegte, für Thiere, für die eigene Schwester und für Wagen, für
alles, was sich überhaupt bewegte, endlich für alles, was eine rauhe
Oberfläche hatte«. Man sieht hieraus wieder deutlich, dass, was das
Kind an dem Ziegenbock benennt, nur zwei Bestandtheile der Wahr-