Page 276 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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264 Raoul Richter.
Dinge schließen lassen. Dass auch die Uebertragung von Gefühls-
qualitäten auf die Objecte zu den Voraussetzungen der skeptischen
Erkenntnisstheorie gehöre, ließe sich daraus nicht erweisen. Aber
der vage Ausdruck to yjSu xal airjBsc Iv cpavTaoicjL xsttai ^) lässt es noch
ganz offen, ob die Grefühle bloß subjective Reactionen auf die Eigen-
thümlichkeit der Empfindungsqualitäten, oder ob sie directe Bestand-
theile der von den Dingen an sich bewirkten Sinneswahrnehmungen
selber sind, zu den Dingen an sich also in indirecter oder directer
Beziehung stehen 2). Dass die letztere Annahme die wahrscheinlichere
ist, lehrt uns der weitere Gang der skeptischen Tropen. Denn
immer mehr offenbaren uns diese, dass nach skeptischen Voraus-
setzungen die Dinge an sich gewissermaßen mit Haut und Haaren,
wie wir sie anschauen, übergehen sollen in unsere Vorstellung, und,
da dieses natürlich nicht möglich ist, ihre Unerkennbarkeit von selber
folgt. Der sich anschließende Excurs des Sextus über die geistigen
Fähigkeiten der Thiere bietet keine Ausbeute für unsere Zwecke.
Dagegen erläutert der zweite Tropus die an dem ersten
entwickelten skeptischen Voraussetzungen des Näheren. Das Ge-
sichtsfeld der Vergleichung verengernd, schließt er aus der Ver-
schiedenartigkeit der Erscheinungen bei den einzelnen Menschen
auf die Unerkennbarkeit der Dinge. Auch dieser Tropus enthüllt
die Beladung der Dinge an sich mit sinnlichen und andern Qualitäten
noch nicht deutlich ; er lässt nur durch den Hinweis auf die Unmög-
lichkeit eines Kriteriums dafür, ob den Vorstellungen des Plato, oder
des Epicur u. s. w. Glauben zu schenken (TrtoTsueiv) sei, wieder hin-
durchblicken, dass irgend einer von diesen wohl im Rechte sein
müsse mit seinen Wahrnehmungen. Doch bringt dieser zweite
Tropus für die skeptischen Voraussetzungen über Gefühls-, Willens-,
1) Pappenheim übersetzt »auf einem Erscheinungsbild beruht«, damit die
indirecte Seite an der geschilderten Auffassung hervorkehrend.
2) Allerdings könnte man fragen, warum dann überhaupt die vorsichtige
Zurückführung der Grefühle auf die Empfindungen ? Der Grund liegt in der Ab-
sicht des Sextus (die Aenesidem vielleicht noch nicht hatte?) die Divergenz
der Emotionen besonders auszunutzen und in dem vagen Gefühl von der Unmög-
lichkeit, diese mit den sinnlichen Empfindungen einfach als Theil der Vorstel-
lungen auf gleiche Stufe zu stellen. Diog. schließt a. a. 0. ohne Umschweife
direct aus der Siacpopa Trpö; i\hosip %at akirfitia-^ v-rd ßXdß'^v xal djtpdXetav darauf:
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