Page 274 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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262 Raoul Richter.
eines mangelnden Kriteriums dieses Recht nicht festzustellen ver-
möchten. Das würde dann aber bedeuten, dass die Dinge, auch wie
sie unabhängig vom wahrnehmenden Subject Existenz hätten, mit irgend
welchen sinnlichen Qualitäten behaftet gedacht werden müssten;
mit welchen freilich, das sei unerkennbar. Aber noch mehr: nicht
nur die sinnHchen Empfindungen, auch die Gefühle werden in die
Divergenz der Wahrnehmungen im ersten Tropus mit aufgenommen,
und auch die stillschweigende Uebertragung dieser Gebilde auf die
Dinge an sich scheint damit angedeutet. Hier zeigt sich nun so recht
der kunstvolle Aufbau des ersten Tropus : nachdem zunächst (40— 43)
die allgemeinen Verschiedenheiten im Bau der Organismen als Grund
für die üngleichartigkeit der cpavTaoiai hingestellt worden, folgt (44— 54)
die Auseinandersetzung über den verschiedenen Bau der einzelnen
Sinnesorgane zum Beleg für die Unterschiedlichkeit der sinnlichen
Empfindungen, welche das gleiche Ding in verschiedenen Lebewesen
hervorruft, und dann endlich (55— 58) der Excurs über die Ver-
schiedenheit der emotionalen Functionen, die das gleiche Ding in
anders gearteten Organismen erzeugt. Während die Unterschiedlich-
keit der Sinnesempfindungen aber streng gesondert von derjenigen
der emotionalen Gebilde behandelt wird, fließen diese selbst in ihren
getrennten Bestandtheilen (Gefühl und Wille) in einander und mit
einem fremdartigen Element, das wir gleich kennen lernen werden,
zusammen. Schält man die einzelnen Gedankengänge hier heraus,
so zeigt sich sogleich, dass die Verschiedenartigkeit in den Gefühlen
der Lust und Unlust (welche das gleiche Object in verschiedenen
Lebewesen erregt) für die Unerkennbarkeit dieser Objecte in Anspruch
genommen wird: Myrrhe erscheint den Menschen sehr lustvoll
(^StoTov), den Bienen und Käfern unerträglich (8uoavao)(STov) ; Meer-
wasser erregt den Menschen Unlustgefühle (a>j8s<;), den Fischen ist
es angenehm (^8iotov); Schweinen muss übelriechender Schmutz Lust
bereiten, u. s. w. Auch aus den verschiedenen Emährungsarten der
einzelnen Thiere wird auf die ganz andersartigen, ja entgegengesetzten
Gefühle geschlossen, welche derselbe Stoff in verschiedenen Organis-
men bewirkt. Nicht anders steht es mit den Willensreactionen:
vor dem Widder flieht der Elefant, vor dem Hahn der Löwe,
vor dem Paukenschall der Tiger, u. s. w. Wenn wir nun nicht
wissen sollen, welcher Gefühls- oder Willensreaction der Vorzug