Page 447 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Die Gründe für die Erhaltung der Cultur,
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einen abstracteren ^^ärakter annimmt, tritt an die Stelle der
Wirkung der Ausdrucksbewegungen diejenige der bloßen Menge an
sich und vorzüglich diejenige der Ausnahmslosigkeit. Zu ihrer Ver-
anschaulichung gehen wir von der Wirkung aus, welche die Zustim-
mung oder ihr Mangel bei der Berührung eines Individuums mit
einem einzelnen Menschen auf dieses ausübt. Der Durchschnitts-
mensch fühlt sich bekannthch durch jede Zustimmung in seinem
Selbstbewusstsein gefördert und gehoben, durch jede Ablehnung in
seiner Sicherheit beeinträchtigt. Diese Wirkungen sind im allgemeinen
gewiss von sehr geringem Betrage, aber nicht zu bestreiten, und
selbst bei einem an Selbständigkeit weit über dem Durchschnitt
stehenden Individuum werden sie nicht immer ausbleiben. Nament-
lich wo statt eines Menschen nacheinander mehrere Einzelstimmen
in Betracht kommen, wird auch eine ziemlich sichere Natur durch
ihre zustimmende oder ablehnende Haltung beeinflusst werden, ent-
sprechend dem Dichterwort:
Durch zweier Zeugen Mund
Wird allerwegs die Wahrheit kund.
Insbesondere eine wiederholte Ablehnung pflegt auch einen einiger-
maßen selbstbewussten Menschen etwas aus dem Gleichgewicht zu
bringen. Ebenso interessant und charakteristisch ist die bekannte
Thatsache, dass auf eine Person, die von dem Urtheil eines an-
deren, ihm schon ziemlich vertraut gewordenen Individuums wenig
mehr bestimmt wird, oft genau dieselbe Urtheilsabgabe, wenn sie aus
—
einem fremden Munde erfolgt, einen starken Eindruck macht.
Zu erklären sind diese Dinge offenbar daraus, dass die Gesammtheit
für den Einzelnen wenigstens generell die oberste Autorität hinsicht-
lich seiner Urtheile und seiner Handlungen darstellt. Auf die weitere
Frage nach dem Grunde dieser Abhängigkeit können wir hier nur
durch den Hinweis auf die Rolle antworten, welche offenbar das
Selbstgefühl und das daraus entspringende Beifallsbedürfniss auf
jeden Menschen ausübt; ein weiteres Eingehen auf sie würde uns
an dieser SteUe zu weit führen.
Die eben angedeuteten Einwirkungen finden nun offenbar in ge-
steigertem Maße statt, wo dem Einzelnen eine ganze Gruppe gegen-
übersteht, vorzüglich also in allen denjenigen Fällen, in denen die
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