Page 463 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Die Gründe für die Erhaltung der Cultur.
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Erscheinungen der falschen Statistik: Interessen, die zu den
herrschenden Anschauungen passen, werden getreuer im Gedächtniss
bewahrt als solche von entgegengesetzter Art, woraus das Bewusst-
sein natürlich neue Nahrung für seine Voreingenommenheiten schöpft.
Erfüllte Weissagungen, gelungene Wunderkuren, Fälle, die einem
Sprichwort Recht geben, Erscheinungen und Thatsachen, die einer
wissenschaftlichen Theorie entsprechen, werden überall in dieser Weise
vom Bewusstsein ganz anders gewerthet als die entgegengesetzten
Dinge.
Schlnssbemerkung.
Das wichtigste Ergebniss unserer ganzen Betrachtung ist die Ein-
sicht in das Verhältniss, in dem die subjectiven Gründe für die Er-
haltung der Cultur zu den objectiven stehen. Zu den subjectiven
rechnen wir dabei nicht bloß diejenigen, die wir bisher als die for-
malen bezeichnet haben, sondern auch die secundären sachlichen. Bei
dieser Begrenzung des Begriffes unterscheiden sich die subjectiven
Gründe von den sachlichen dadurch, dass sie gegen den Inhalt des
betreffenden Culturgutes gleichgültig sind, einen Mechanismus dar-
stellen, der unabhängig von dem Werthe seines Gegenstandes func-
tionirt. An Stärke überwiegen nun offenbar die subjectiven Gründe
bei weitem die objectiven. Um die Bedeutung dieser Thatsache uns
klar zu machen, betrachten wir zunächst der Reihe nach zwei fingirte
Zustände der Gesellschaft, welche sich ergeben, wenn wir uns die
eine oder die andere Gruppe von Factoren ausgeschaltet denken.
Denken wir uns die subjectiven Gründe ausgeschaltet, so erhalten
wir eine Auffassung von der menschlichen Cultur, welche dem Ideen-
kreis der Aufklärung im wesentlichen entspricht. Diese legte ja
ihren Constructionen nach Art des Naturmenschen und der Natur-
religion ein Geschöpf zu Grunde, das man als isohrten Vemunft-
menschen bezeichnen kann. Zunächst wurde der Mensch bekannthch
als ein von Haus aus ungeselliges Wesen betrachtet, das mit einem
Stamme ein für alle Mal gegebener Eigenschaften, welche den In-
begriff der menschlichen Natur ausmachen sollten, von vom herein
ausgestattet, lediglich in äußere Beziehung zu den übrigen Menschen
träte, die an dieser seiner Natur nichts Wesentliches zu ändern oder
wenigstens nichts zu verbessern vermöchten; denn die Einflüsse der
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