Page 459 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Die Gründe für die ErhaltuBg der Cultur.
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     Ursprung tragen^ leäiglich von anderen suggerirt  sind, nachträglich
     mit voller subjectiver Ueberzeugung das Prädicat der "Wahrheit bei-
     gelegt wird, und man ihnen eine Fülle von Argumenten zur Stütze
     gibt,  sie auch deductiv zur Erklärung anderer Thatsachen  in einer
     Weise zu verwenden sucht,  als habe lediglich die Natur der Dinge
     zu ihrer Bildung Anlass gegeben. Wenn die Bororo  z. B. die Kopf-
     schmerzen  eines Menschen, der vorzeitig aus dem Schlafe geweckt
     wird, damit erklären, dass die ausgeschwärmte Seele bei der Rück-
     kehr sich zu sehr abhetzen muss, so dienen ihnen solche Deductionen
     als nachträglicher Wahrheitsbeweis von Anschauungen, die ursprünglich
     einen vorwiegend gesellschaftlichen Ursprung haben.  Dieselbe Erschei-
     nung beobachten wir heute vielfach bei der Vertheidigung der vielen
     Arten von Naturheilverfahren und verwandten Methoden, wie den
     Heilmitteln des Spiritismus oder den Gebetswirkungen.  Ueberall wird
     von den Anhängern dieser Methoden hinterher eine Fülle von Grün-
     den und Thatsachen für ihre Richtigkeit  ins Feld geführt und  die
     ursprünglich rein subjective Entstehung dieser Wahngebilde erscheint
     80 ihren Jüngern  selbst nachträglich als lediglich durch die Gewalt
     der Thatsachen hervorgerufen.   Ein verwandtes Schauspiel  ist  es,
     wenn  auf  religiösem und  politischem  Gebiet  die Anhänger  aller
     Parteien mit gleichem Eifer für die ausschließliche Richtigkeit ihrer
     jeweiligen Ueberzeugungen eintreten,  gleich  als seien diese lediglich
     aus den Thatsachen selbst geschöpft.
        Wir kommen jetzt zu den Gründen dieser Anpassung unserer
     Werthurtheile an die Thatsachen.  Einige davon sind bereits im ersten
     Theile unserer Erörterung erwähnt worden.  Wir nennen davon zu-
     nächst die Thatsache der Denkgewohnheit, die, wie wir sahen, alles
     das, was allgemein gültig und ausnahmslos  ist, auch als nothwendig
     erscheinen lässt.  Indem sie so den festen Rahmen, in dem sich alles
     Leben abspielt,  als etwas, das man nicht anders denken kann, als den
     Ausfluss einer inneren Nothwendigkeit hinstellt, schafft sie damit gleich-
     sam  ein Zwischenglied,  welches zwischen der Thatsächhchkeit der
     Dinge und ihrem inneren Werth    vermittelt,  schafft  sie damit eine
     Grundlage, auf  der  erst  die übrigen Ursachen  in Wirksamkeit zu
     treten vermögen.
        Diese können wir in solche von intellectueller und von emo-
     tionaler Beschaffenheit eintheilen. Inersterer Beziehung kommt die
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