Page 550 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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538 Wilhelm Wirth.
häufig nicht, um denselben nun auch als besonderes Bewusst-
seinsmoment feststellen und erkennen zu lassen. Die sinngemäße
Methode zur Herausarbeitung möglichst vieler bewusster
Elemente und Merkmale ist bekanntlich erst die Yer-
gleichung von zwei oder mehreren bewussten Complexen oder con-
creten Einzelvorstellungen, welche bei sonstiger Differenz hinsichtlich
eines Elementes oder Merkmales übereinstimmen oder bei sonstiger
Gleichheit nach dieser Hinsicht sich unterscheiden. Ergibt sich ein
Vergleichsurtheil im Sinne dieses fraglichen »Fundamentes« der Ver-
gleichsvorstellungen, dann ist damit zugleich die Bewusstheit dieses
Elementes oder Merkmales in diesem Zusammenhange erwiesen, selbst
wenn es sich ohne Beiziehung der Yergleichsvorstellung und ohne
den hierdurch ausgelösten Mechanismus der Klärung und Verdeut-
lichung des Granzen nicht mit Sicherheit aus dem Chaos der übrigen
Elemente heraus feststellen ließe. In der allgemeinen Phänomenologie
mit ihren rein qualitativen Bestimmungen, bei der natürlich die Be-
trachtung der Vorstellungen im Ganzen und in allen einzelnen
Elementen beliebige Zeitdauer in Anspruch nehmen kann, dient diese
Vergleichsmethode dazu, um an sich überhaupt schwerer isolirbare
concreto Inhalte und vor allem abstracto Merkmale zu betrachten.
Für die Analyse des simultanen Bewusstseinsumfanges aber wird die
Vergleichsmethode die Zugehörigkeit eines Inhaltes zu einem
bestimmten einzelnen Gesammtumfang ermitteln lassen, indem
man nun diese specielle Ausfüllung des Bewusstseins mit einer andern
vergleicht und aus dem Sinne des Vergleichsurtheiles auf die Zuge-
hörigkeit des fraglichen Inhaltes zu dem auszumessenden Gesammt-
umfange schließt. Es ist also dann nicht mehr nothwendig, dass die
sämmtlichen Inhalte selbst auch nach Vollzug des Vergleichsurtheiles
noch festgehalten und wiedergegeben werden. Nur dieses ' letztere
selbst braucht im Gedächtniss zu bleiben und als einziger Inhalt
kann es ja auch ohne Schwierigkeit gemerkt werden. NatürHch ist
man damit auch noch nicht aller Schwierigkeit überhoben, um mög-
hchst vollständig den gesammten Umfang feststellen zu können, weil
die allein verwerthbare sichere Wirkung im Vergleichsurtheil zwar
nicht der maximalen IQarheit des Vergleichspunktes in beiden Ver-
gleichsobjecten bedarf, aber doch nicht etwa von der Klarheit unabhängig
ist. Indessen soll im nächsten Capitel ausführlich untersucht werden,