Page 554 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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542 Willielm Wirth. —
Erst dadurch wird es möglich werden, den von Dietze gefundenen
Umfangswerth zu anderen Umfangswerthen ins Verhältniss zu setzen.
Zu einer Untersuchung des größtmöglichen IJmfanges solcher ausge-
dehnteren Gesammtvorstellungen ist es aber natürlich erst recht noth-
wendig, alle sonstigen Yortheile für die Herstellung zeitlicher Ge-
sammtvorstellungen anzuwenden. Damit ist natürlich nur von einer
andern Seite auf die nämHche allgemeine Voraussetzung einer gleich-
zeitig bewussten Gesammtvorstellung hingewiesen, die wir zur Ermög-
lichung eines unmittelbaren Vergleiches für nothwendig erachten.
In den erwähnten Versuchen von Wundt und Dietze wurden
nun zwei Reihen von Tactschlägen, deren Grenze hinreichend markirt
war, nacheinander dargeboten und vom Beobachter miteinander ver-
glichen. Nur bis zu einer bestimmten Grenze kann der Beobachter
die Gleichheit oder Verschiedenheit um ein Reihenelement sicher
erkennen. Der äußerste Umfang, bis zu welchem diese Erkennung
noch möglich ist, gehört dann jedenfalls noch einer simultanen Ge-
sammtvorstellung in dem soeben erläuterten Sinne zu. Allerdings
braucht das Bewusstsein wenigstens mit der zweiten Reihe nicht
wesentHch neu belastet zu werden, da ja die neuen Tacte durchaus
als eine "Wiederholung des ersten Erlebnisses aufgefasst und wieder-
erkannt werden, das noch im Ganzen überblickt wird. Das eigent-
lich zu messende Object ist also schon nach Abschluss der ersten
Reihe fertig gegeben.
3) Die Nothwendigkeit relativ hoher Bewusstseinsgrade
zu einer so präcisen Leistung des Vergleichsurtheiles. .
Die Möglichkeit von viel mehr Elementen der Gesammt-
vorstellung bei geringerer Anforderung an diese Präcision.
Zu dieser Erkenntniss, ob die zweite Reihe der ersten thatsächHch
genau gleicht oder nicht, ist aber freilich keineswegs bloß die
Thatsache der Wirkungsfähigkeit eines Bewusstseins-
inhaltes überhaupt in Anspruch genommen, wie sie in irgend
einem jener Erlebnisse des Aehnlichkeits- oder Verschiedenheits-
bewusstseins beliebigen Grades als Resultat des Vergleiches zur
Geltung kommen kann. Das Kennzeichen jenes ümfanges, der durch
die Grenzen bestimmt ist, innerhalb deren ein Unterschied zweier
Tactreihen hinsichtlich der Gliederzahl mit Sicherheit erfasst wird,