Page 612 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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600                       Wilhelm Wirth.

      extensiven Complexes, Die größere Schwelle entspricht also hier bereits
      einem geringeren Grad der Beachtung, welcher sozusagen auf das
     einzelne »Element«  des Ganzen   trifft, wobei vorausgesetzt  ist, dass
     ein ünterschiedsbewusstsein von bestimmter Klarheit und Sicherheit
     einem bestimmten Maß von Klarheit des unterscheidenden Merkmals
     oder des »Ueberschusses« entspreche.  Unser ürcomplex ist nun ein
     extensives Ganze, dessen Variation ebenfalls im Ganzen  ein Ünter-
     schiedsbewusstsein bewirken soll und hierzu für die betreffende Varia-
     tionsgröße  unter Voraussetzung  der  constanten Aufmerksamkeits-
     vertheilung ebenfalls jenes bestimmte Maß an Klarheit bedarf.  Die
     Zahl  der  »Elemente«,  welche nun   hierfür im Einzelnen  an  der
     variirten  Stelle zusammenwirken müssen  (gleichgültig, ob  sie  that-
     sächhch extensiv als Elemente bewusst sind, oder in einer Gesammt-
     intensität enthalten sind), bleibt nun nach der genannten Auffassung
     der Unterschiedsschwelle bei maximaler Beachtung offenbar bei allen
     Klarheitsgraden  jenes  variirten  Einzelobjectes  jener  Zahl  unter
     günstigsten Aufmerksamkeitsbedingungen einfach und direct propor-
     tional,  so  dass von  diesem  allgemeineren Gesichtspunkt  aus jene
     einfache Division der Schwellenwerthe zur Gewinnung der
     Verhältnisszahl  als Ausdruck des Klarheitsgrades  ganz am Platze
     erscheint.  Im Uebrigen könnte  freilich  erst das Experiment selbst
     in Zukunft die Frage dadurch entscheiden, dass eine solche Berech-
     nungsweise für  eine  gleiche Concentration der Aufmerksamkeit auf
     verschieden differenzirte Complexe besonders verständliche Werthe der
     Reihensummen ergäbe.


        9) Vortheil einer gemeinsamen Variationsrichtung inner-
     halb des ganzen Complexes.       Bei diesen genauesten Versuchen
     ist natürlich auch vorausgesetzt,  dass  die Richtung der Verän-
     derung bei den einzelnen Objecten nicht zweifelhaft  ist, welche das
     endgültige Verschiedenheitsurtheil zu stände kommen lässt.  Bei den
     einfachen phychophysischen Versuchen war diese Richtung ja eben-
     falls sicher bekannt und war ein constantes Resultat mit den gefun-
     denen Größenwerthen nur möglich, wenn der      Beobachter  wusste,
     dass er  z. B. nur Helligkeitsveränderungen, nicht aber etwa zugleich
     Größenveränderungen beurtheilen sollte.  Zufällige oder absichtliche
     Ausdehnungsveränderungen der hellen Objecte in solchen Größen, in
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