Page 614 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Ö02                       Wilhelm Wirth.

       der Intensität entsprechenden Yerhältnisszalil  gemäß der psycholo-
                                                   ,
       gischen Deutung des Weber' sehen G-esetzes über die Abhängigkeit
       der Schwellen von der Quantität des Umfanges, welche in einer ein-
       heitlichen Empfindung absorbirt sein kann.  Eine individuelle Charak-
       terisirung der Einzelobjecte wird dann am einfachsten ebenfalls durch
       die wechselnden Grade  dieses einzig veränderten Merkmales  in den
       verschiedenen Elementen gegeben, die als isolirte Einheiten zusammen
       (den  bereits angedeuteten Grundsätzen entsprechend)  natürlich viel
       mehr Aufmerksamkeit beanspruchen als eine einzige Empfindung von
       einer ihrer Summe   entsprechenden  Intensität.  Dann  ist auch  die
       ursprüngliche Verteilung  viel einfacher zu übersehen, und  es sind
       leichter thatsächhch alle einigermaßen Aufmerksamkeit absorbirenden
       Glieder in  der dem Umfange entsprechenden »Gesammtreihe«      zu-
       sammen zu bringen, als wenn man sich erst fragen muss, nach welcher
       verschiedenen Richtung ein Object thatsächlich Aufmerksamkeit ab-
       sorbirt hat, was natürlich immer nur durch thatsächliche Bestimmung
       der Schwellen nach   all diesen Richtungen festzustellen wäre.  Es
       entspricht also einer vollkommeneren experimentellen Beherrschung
       der gesammten Ausfüllung    des Bewusstseinsumfanges , wenn man
       die Richtung     der Veränderung  überall  constant  hält und den
       Beobachter ein für alle Mal wissen lässt.  Es ist ja dann auch  die
       Zahl der möglichen Seiten, nach welchen das Object das gesammte
       Quantum   absorbiren kann, vom Experiment    abhängig,  und  diese
       unmittelbare Abhängigkeit  möglichst  aller am Bewusstseinsumfang
       betheiligten Elemente ist ja schon oben  als wesentliche Bedingung
       für ein umfassenderes Resultat dieser Umfangsbestimmungen hervor-
       gehoben worden.


          10)  Oontrole   der Constanz     der   Klarheitsvertheilung.
       Mit diesem Ueberblick über eine constante Aufmerksamkeitsvertheilung,
       welcher durch die jeweils einfache unwissentliche Variation des Ver-
       gleichsobjects herbeigeführt wird,  ist ferner auch eine hinreichende
       Oontrole dieser Oonstanz in der gesammten Orientirung unseres
       Aufmerksamkeitsreliefs zu den Elementen des Wahrnehmungscomplexes
       gegeben.  Niemals sind  ja kleine unwillkürhche Abweichungen des
       inneren Fixationspunkts von seiner idealen Lage oder bei Einhaltung
       der  mittleren Haupt-Orientirung  wenigstens  kleine Schwankungen
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