Page 101 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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aber von den Alten sowohl der Ausgangs-als auch der Endpunkt
                miteingezählt wurde, so ist Peleus der dritte., und der Zögling des
                weisesten Cheiron, von so großen inneren Wirren erfüllt gewesen sei,

                daß er in sich selbst zwei einander entgegengesetzte Krankheiten
                getragen habe, nemlich unfreien Sinn mit Geldsucht, und andrerseits
                hochmüthige Erhebung über Götter und Menschen. – Du hast Recht,
                sagte er. –
                     5. Nicht demnach, sprach ich, wollen wir auch Folgendes glauben
                oder erzählen lassen, daß Theseus, der Sohn des Poseidon, und
                Peirithoos, der Sohn des Zeus, auf so schreckliche Räubereien

                auszogenDer Kampf der Centauren und Lapithen, welcher in der Sage
                bekanntlich hauptsächlich an Pirithous sich knüpft, wird wohl schon in d.
                Odyss. XXI. V. 295 ff. erwähnt, jener Vers in der Ilias aber (I, V. 265), in
                welchem auch Theseus hiemit in Verbindung gebracht ist, wird mit
                Recht zu jenen späteren Einschiebseln gezählt, welche bezüglich der
                Ilias in Lokal-Interessen und Eitelkeit einzelner Städte ihren Grund

                hatten; überhaupt aber gehört die detaillirtere Ausbildung dieses ganzen
                Sagenkreises, welcher den Raub der Proserpina in sich schließt, nicht der
                homerischen Poesie, sondern einer späteren Zeit an, und offenbar hat
                Plato hiebei Tragödien im Auge., oder daß irgend ein anderer Heros und
                Sohn eines Gottes es über sich gebracht habe, solch schreckliche und
                ruchlose Dinge zu verüben, wie man sie jetzt über jene lügt; sondern wir
                wollen die Dichter zwingen, entweder Solches nicht als die Thaten jener

                zu bezeichnen, oder jene nicht als Söhne von Göttern, beides verbunden
                aber eben nicht zu sagen und unsere jungen Leute nicht glauben machen
                zu wollen, daß die Götter Schlimmes erzeugen und die Heroen um
                Nichts besser als die Menschen seien; denn wie wir schon im Obigen
                sagten, Solches ist weder frevellos, noch wahr; wir zeigten nemlich doch
                wohl B. II, Cap. 18 u. d. erste Hälfte v. 19., daß unmöglich ans Göttern

                Schlimmes entstehen könne. – Wie sollte es auch nicht so sein? – Und
                nun ist es ja auch den Anhörenden schädlich, denn Jeder wird mit sich
                selbst, wenn er schlecht ist, Nachsicht haben, weil er nemlich glaubt, daß
                Derartiges auch verüben und verübt haben

                        »die Sprößlinge der Götter,
                        die nahen Verwandten des Zeus, von welchen im Idäischen

                        Gefilde
                        hoch im Aether ein Altar des Ahnherrn Zeus ist,
                        und in welchen das Dämonenblut noch nicht versiegt
                        ist«Aus der»Niobe« des Aeschylus (nach Strabo, a. Schl. d.
                        XII. B.).




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