Page 1059 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Siebenundvierzigstes Kapitel
Inhaltsverzeichnis
Ein guter Bürger muß aus Vaterlandsliebe persönliche
Beleidigungen vergessen.
Der Konsul Manlius stand mit seinem Heere den Samnitern gegenüber
und wurde in einer Schlacht verwundet 310 v. Chr. Der eine Konsul hieß
Gajus Marcius Rutilus, der andere Konsul Quintus Fabius Maximus
Rullianus (vgl. Buch II, Kap. 33). Der Diktator, den er ernannte, war
Lucius Papirius Cursor (vgl. Livius IX, 38). Sein Haß auf diesen
stammte aus der Zeit, wo er der Reiteroberst des Papirius gewesen war
und dieser ihn hinrichten lassen wollte (vgl. Buch 1, Kap. 31).. Da sein
Heer dadurch in Gefahr kam, hielt es der Senat für nötig, den Papirius
Cursor als Diktator hinzuschicken, um den Konsul zu ersetzen. Da nun
der Diktator von Fabius ernannt werden mußte, der mit dem andern Heer
in Etrurien stand, der Senat aber fürchtete, er werde den Papirius als
seinen Feind nicht ernennen wollen, so ließ er ihn durch zwei
Abgesandte bitten, allen Privathaß beiseite zu setzen und Papirius zum
Wohl des Staates zu ernennen. Fabius tat es aus Vaterlandsliebe, obwohl
er durch sein Schweigen und auf mancherlei Art zu erkennen gab, wie
schwer ihm diese Ernennung wurde. An ihm muß sich jeder ein Beispiel
nehmen, der für einen guten Bürger gelten will.
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