Page 1062 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Verbrechen ermutigen. Wird hingegen durch das Los der zehnte Teil zum
Tode bestimmt, wo ihn alle verdienen, so beklagt sich der, den die Strafe
trifft, über das Schicksal, und der Straflose fürchtet, daß die Strafe ihn
ein andermal trifft, und nimmt sich künftig in acht.
Die Giftmischerinnen und die Verschwörer der Bacchanalien wurden
also verdientermaßen bestraft. Obgleich nun solche Krankheiten üble
Folgen für eine Republik haben, sind sie doch nicht tödlich, da man fast
immer Zeit hat, sie zu heilen. Keine Zeit aber hat man bei
Staatsverbrechen, denn diese richten den Staat zugrunde, wenn ihnen
nicht durch einen klugen Mann abgeholfen wird. Bei der Freigebigkeit,
mit der die Römer das Bürgerrecht an Fremde verliehen, waren im Rom
so viele neue Geschlechter entstanden, daß sich bei ihrem großen Anteil
an den Wahlen die Regierung zu verändern begann, in andre Hände
geriet und von den gewohnten Grundsätzen abwich. Als der Zensor
Quintus Fabius dies wahrnahm, teilte er alle die neuen Geschlechter, von
denen diese Unordnung stammte, in vier Tribus, damit sie, derart
beschränkt, nicht ganz Rom anstecken konnten. Fabius hatte das Übel
richtig erkannt und verschrieb ohne großes Aufsehen das geeignete
Mittel dagegen. Das Vaterland aber war ihm so dankbar dafür, daß er den
Beinamen Maximus erhielt. Livius IX, 46. Quintus Fabius Rullianus
wurde 304 v. Chr. Zensor.
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