Page 147 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 147

besonnen und gerecht sein wirdDaß gerade nur diese vier Eigenschaften,
                und durchaus keine andern, es sein sollen, ist, wie man sieht, nicht weiter
                motivirt; erst nachträglich wird für diese Vierzahl uns eine Bestätigung

                aus Cap. 16 und 17 hieher zurückfließen, insoferne dort die Anzahl der
                Seelenkräfte im Individuum den Grund dieser ganzen Eintheilung
                enthält.. – Ja, klar ist dieß. – Nicht wahr also, welche immer von diesen
                Eigenschaften wir in ihm gefunden haben mögen, so ist stets die noch
                übrig bleibende die annoch nicht gefundene? – Was sonst? – Also ist es
                so, wie wenn wir von irgend anderen vier Dingen das Eine in einem
                beliebigen Gegenstande suchen würden, und wir dann, wenn wir es

                gleich auf den ersten Griff fänden, hiebei uns völlig begnügen würden,
                hingegen aber, wenn wir zuerst die übrigen drei fänden, eben hiedurch ja
                auch schon das Gesuchte gefunden wäre; denn klärlich konnte dies
                nichts Anderes mehr sein, als eben das übrig bleibende. – Ja, du hast
                RechtD. h. nur dann, wenn von vornherein schon gewiß oder vorher
                bewiesen wäre, daß der Gegenstand jene vier Dinge wirklich, und zwar

                ausschließlich nur jene vier enthalte., sagte er. – Nicht wahr, also auch
                betreffs dieser Eigenschaften müssen wir, da sie ja vier sind, die
                Untersuchung ebenso führen. – Ja, dieß ist klar. – Und zwar scheint mir
                nun unter jenen zuerst die Weisheit schon klar zu sein; und es zeigt sich
                in diesem Betreffe etwas Sonderbares. – Was denn? sagte er. – Weise
                nemlich scheint in Wirklichkeit jener Staat zu sein, welchen wir
                durchgingen; denn wohlberathen ist er; oder nicht? – Ja. – Und nun ist ja

                von eben diesem, nemlich von der Wohlberathenheit, klar, daß sie irgend
                ein Wissen ist; denn nicht vermöge einer Unkenntniß, sondern vermöge
                eines Wissens beräth man sich gut. – Dieß ist klar. – Aber ein
                vielheitliches und mannigfaltiges Wissen ja gibt es in dem Staate. – Wie
                sollte es auch anders sein? – Werden wir also wegen des Wissens der
                Baumeister den Staat einen weisen und wohlberathenen nennen müssen?

                – Keineswegs, sagte er, wegen dieses Wissens, sondern einen
                baukundigen würden wir ihn da nennen. – Nicht also wegen des Wissens
                betreffs der hölzernen Geräthe ist der Staat, wenn er sich etwa darüber
                beriethe, wie jene die besten seien, darum als ein weiser zu bezeichnen. –
                Nein, gewiß nicht. – Wie aber? wegen des Wissens betreffs des Erzes
                oder eines anderen Derartigen? – Nein, wegen keines Derartigen, sagte
                er. – Auch nicht wegen des Wissens betreffs der Erzeugung der

                Feldfrüchte aus dem Boden, sondern da ist er ein landbaukundiger zu
                nennen. – Ja, so scheint es. – Wie aber? sagte ich; gibt es irgend ein
                Wissen in dem von uns so eben gegründeten Staate bei irgend einigen
                Bürgern, welches nicht über etwas Einzelnes von dem im Staate





                                                          146
   142   143   144   145   146   147   148   149   150   151   152