Page 174 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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magst du immerhin ungescheut sprechen. – Sprechen also, sagte ich,
                muß ich nun wohl abermals über Dinge, welche ich vielleicht damals
                gleich in ihrer Reihenfolge hätte besprechen sollen; doch vielleicht ist es

                auch auf diese Weise richtig, daß wir, nachdem das Drama der Männer
                vollständig zu Ende ist, nun auch das der Frauen zu Ende führen, zumal
                da auch du uns hiezu aufforderst.
                     3. Für Menschen nemlich, welche eine Begabung und Bildung haben,
                wie wir sie oben durchgingen, gibt es nach meiner Meinung keinen
                anderen richtigen Besitz und Gebrauch ihrer Kinder und Frauen, als
                wenn sie hiebei eben nach jener Richtung hinsteuern, nach welcher wir

                schon zu Anfang steuerten; wir haben ja aber in unserer Begründung es
                doch wohl versucht, die Männer gleichsam als Wächter einer Heerde
                aufzustellen B. II, Cap. 15.. – Ja. – Wollen wir also diesem getreu
                bleiben, indem wir ihnen auch eine entsprechende Entstehung und Pflege
                verleihen, und erwägen, ob es so uns passe oder nicht? – Wie so? sagte
                er. – Folgendermaßen: Glauben wir, daß die weiblichen unter den

                wachenden Hunden das Nemliche, wie die männlichen, mit diesen
                gemeinschaftlich bewachen und jagen und auch das Uebrige mit ihnen
                zusammenthun, oder daß die ersteren nur drinnen im Hause bleiben,
                unfähig zu Weiterem wegen des Gebärens der Jungen und ihrer Pflege,
                die letzteren aber allein sich plagen und alle Sorge betreffs der Heerden
                auf sich haben? – Gemeinschaftlich, sagte er, thun sie Alles; nur daß wir
                die ersteren als schwächere, die letzteren aber als stärkere benützen. – Ist

                es aber, sprach ich, möglich, irgend Thiere zu dem Nemlichen zu
                benützen, wenn du ihnen nicht auch die nemliche Pflege und
                Heranbildung angedeihen läßst? – Nein, es ist nicht möglich. – Wenn wir
                also die Frauen zu dem Nemlichen benutzen wollen, wie die Männer, so
                müssen wir sie auch das Nemliche lehren? – Ja. – Musische und
                gymnische Bildung aber wurde jenen verliehen? – Ja. – Auch den Frauen

                also müssen wir diese beiden Künste angedeihen lassen, sowie auch die
                kriegerische Thätigkeit, und zu eben dem Nemlichen müssen wir auch
                sie benützen? – So scheint es wenigstens, sagte er, demzufolge, was du
                angibst. – Vielleicht demnach, sprach ich, wird Vieles betreffs dessen,
                was wir jetzt sagen, im Vergleiche mit der bestehenden Sitte als
                lächerlich sich zeigen, wenn es so ausgeführt würde, wie wir es sagen. –
                Ja wohl, gar sehr, sagte er. – Was siehst du, sprach ich, hiebei als das

                Lächerlichste von Allem? gewiß ja das, daß nackt die Frauen in den
                Ringschulen in Gemeinschaft mit den Männern gymnische Uebungen
                vornehmen, und zwar nicht bloß die jungen, sondern auch die älteren
                Frauen, sowie auch die Greise in den Gymnasien lächerlich sind, wenn





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