Page 180 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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musisch gebildet? – Warum nicht? – Und also das eine auch zur
                gymnischen Bildung und zum Kriege befähigt, ein anderes aber
                unkriegerisch und gymnisch nicht gebildet? – Ja, ich wenigstens glaube

                es. – Wie aber? auch weisheitsliebend und andrerseits feindlich gegen
                Weisheit? und auch muthig, ein anderes aber muthlos? – Ja, auch dieß
                sind sie. – Ist also auch das eine Weib zum Wachen befähigt, ein anderes
                aber nicht? oder haben wir nicht eine derartige Begabung auch für die
                zum Wachen befähigten Männer ausgewählt? – Ja, allerdings eine
                derartige. – Also ist auch die Begabung eines Mannes und eines Weibes
                die nemliche bezüglich der Bewachung eines Staates, nur daß die des

                letzteren mehr schwach als stark ist? – Ja. so zeigt sich’sDer Beweis
                dieser ganzen Behauptung ist selbst formell sehr schwach geführt; denn
                zunächst handelt es sich schon nicht darum, daß keine Beschäftigung im
                Staate dem Weibe als solchen eigentümlich sei, sondern weit eher darum,
                daß von einigen staatlichen Beschäftigungen das Weib als solches
                auszuschließen sei; sodann auch war ein ganz ungehöriges Uebergewicht

                auf die bloße Lernfähigkeit gelegt worden, welche gerade gar Nichts
                beweist. Betreffs der übrigen materiellen Grundlagen des platonischen
                Beweises ist es kaum der Mühe werth, noch ein Wort weiter zu verlieren,
                denn wer von dressirten Hunden und Hündinnen spricht, handelt eben
                hoffentlich nicht über den menschlichen Staat.. –
                     6. Also müssen wir auch derartige Weiber für die derartigen Männer
                auswählen, daß sie mit diesen beisammen wohnen und gemeinschaftlich

                Wache halten, da sie ja hiezu hinreichend begabt und von Natur aus mit
                ihnen gleichen Stammes sind. – Ja, allerdings. – Müssen wir aber nicht
                die nemlichen Beschäftigungen den nemlichen Naturen zuweisen? – Ja,
                die nemlichen. – Somit also sind wir im Kreise herum wieder auf das
                Obige Cap. 2. gekommen und gestehen nun zu, daß es nicht naturwidrig
                sei, den Frauen der Wächter musische und gymnische Bildung

                angedeihen zu lassen. – Ja, völlig so. – Nicht Unmögliches also und
                nicht Dinge, welche frommen Wünschen ähnlich sind, haben wir als
                gesetzliche Bestimmung aufgestellt, da wir ja naturgemäß das Gesetz
                aufstellten; sondern weit eher geschieht, wie es scheint, dasjenige, was
                jetzt im Widerspruche gegen dieß geschieht, auf naturwidrige Weise. –
                So scheint es. – Nicht wahr also, unsere Erwägung war die, ob wir
                Solches als ein Mögliches und als das Beste aussprechen können? – Ja,

                diese war es. – Und daß es also möglich sei, ist hiemit zugestanden? – Ja.
                – Daß es aber nun das Beste sei, müssen wir jetzt hernach zugestehen? –
                Klärlicher Weise. – Nicht wahr also, in Bezug darauf, daß ein Weib zum
                Wachen begabt werde, wird uns nicht etwa eine verschiedene Bildung





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