Page 182 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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entgangen. – Und doch ja wirst du sagen, erwiederte ich, daß es keine
                große sei, wenn du die hiernach zunächst kommende siehst. – Sprich,
                sagte er, damit ich sie sehe. – Nach diesem Gesetze nemlich, sprach ich,

                und nach den übrigen früheren kömmt nun, wie ich glaube, folgendes. –
                Welches? – Daß diese Frauen sämmtlich sämmtlichen diesen Männern
                gemeinsam sein sollen und keine mit irgend Einem einzeln zusammen
                wohne, und daß hinwiederum auch die Kinder gemeinsam sein sollen
                und keines der beiden Eltern ihren eigenen Sprößling kenne, noch auch
                ein Kind seine Eltern. – Ja, bei Weitem ärger noch als das Vorige, sagte
                er, ist dieses in Bezug auf Unglaublichkeit und betreffs seiner

                Möglichkeit und Nützlichkeit. – Doch wohl, sprach ich, betreffs der
                Nützlichkeit wenigstens glaube ich, es könne schwerlich streitig sein,
                daß es nicht das größte Gut sei, wenn die Weiber und die Kinder
                gemeinsam wären, woferne es so sein könnte; hingegen darüber, glaube
                ich, ob dieß möglich sei oder nicht, würde sich der größte Streit erheben.
                – Ei, doch über beides, sagte er, möchte wohl gar sehr gestritten werden.

                – Du meinst hiemit, erwiederte ich, eine Vereinigung beider
                Begründungen; ich aber glaubte, wenigstens aus der einen von beiden
                entrinnen zu können, daß mir nemlich, falls jenes dir ein Nützliches zu
                sein schiene, nur die Begründung betreffs der Möglichkeit oder
                Unmöglichkeit übrig bliebe. – Aber es entging uns nicht, sagte er, daß du
                entrinnen wollest; gib also nur über Beides Rechenschaft. – Ich muß
                wohl, sprach ich, die Strafe aushalten; aber wenigstens so viel sei mir zu

                Gefallen und gestatte mir einen Fest-Genuß, wie ja auch diejenigen,
                welche in ihren Gedanken nicht sehr thätig sind, sich selbst einen
                Schmauß zu bereiten pflegen, wenn sie einsam ihren Weg wandeln;
                nemlich auch derartige Menschen lassen, noch ehe sie die Art und Weise
                gefunden haben, aus welche ihnen ein Gegenstand ihrer Wünsche zu
                Theil werden könne, diese Frage ganz bei Seite, um nemlich mit der

                Berathung über Möglichkeit oder Unmöglichkeit sich nicht abzumühen,
                und indem sie dasjenige, was sie wünschen, sofort als ein bereits
                Vorhandenes annehmen, ordnen sie schon alles Uebrige hübsch an und
                gehen mit großer Freude durch, was sie Alles, wenn jenes eingetreten ist,
                thun werden, wobei sie ihre ohnedieß nicht thätige Seele noch unthätiger
                machen. Bereits also bin auch ich nun weichlicher, und habe ein
                Verlangen darnach, jenes aufzuschieben und später Unten Cap. 17 ff. s.

                unten Anm. 201. zu erwägen, inwiefern es möglich sei; jetzt hingegen
                möchte ich es sofort als ein Mögliches annehmen und, wenn du es
                gestattest, gleich erwägen, in welcher Weise es die Herrscher als ein
                wirklich Geschehendes anordnen werden, und auch erwägen, daß es von





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