Page 186 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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heftigste Periode des Ungestümes vorüber ist, von da an bis zum
                fünfundfünfzigsten Jahre für den Staat Kinder erzeuge. – Ja, allerdings,
                sagte er, ist für beide dieß das schönste Alter, sowohl körperlich, als auch

                geistig. – Nicht wahr also, mag ein Aelterer oder mag ein Jüngerer als
                diese sich an der gemeinsamen Zeugung betätigen, so werden wir dieses
                Vergehen als ein gegen göttliches und menschliches Recht verstoßendes
                bezeichnen, da er dem Staate ein Kind in die Welt setzt, welches, wann
                es unbemerkt bleibt, nicht unter jenen Opfern und Gebeten zur Welt
                kommt, welche jedesmal bei den Ehe-Festen die Priesterinnen und die
                Priester und der gesammte Staat dafür verrichten wird, daß die

                Nachkommen immer aus Guten noch bessere und aus Nützlichen noch
                Nützlichere werden, sondern ein Kind, welches im Dunkeln unter arger
                Unmäßigkeit geboren wird. – Ja, dieß ist richtig, sagte er. – Das nemliche
                Gesetz aber, sprach ich, gilt ja auch, wenn einer von denjenigen, welche
                zeugen dürfen, eine im gesetzlichen Alter stehende Frau berührt, ohne
                daß ein Herrscher sie ihm gepaart hat; wir werden nemlich sagen, daß

                ein Solcher ein unächtes und außer dem Verbande stehendes und
                ungeweihtes Kind dem Staate in die Welt setze. – Ja, völlig richtig, sagte
                er. – Wann aber nun die Frauen und die Männer das Alter des Zeugens
                schon überschritten haben, dann lassen wir ihnen volle Freiheit, den
                Beischlaf zu üben, mit wem sie wollen, nur die Männer nicht mit der
                Tochter und der Mutter und den Töchtern der Töchter, oder nach oben
                mit den Töchtern ihrer Mutter, und die Frauen nicht mit dem Sohne und

                dem Vater und den Söhnen dieser beiden, seien es die Söhne der Söhne
                oder die Söhne des Vaters; und nachdem wir dieß Alles deutlich
                vorgezeichnet, müssen wir zumeist dafür sorgen, daß diese bejahrteren
                Frauen, wenn sie empfangen haben, ihre Leibesfrucht ja nicht austragen,
                und sollte dieselbe wider ihren Willen fortbestehen, sie dann das Kind so
                behandeln, als gäbe es für ein derartiges keine PflegeKindsabtreibung

                empfiehlt auch Aristoteles in der Politik als ein Mittel, durch welches
                einerseits die Gesundheit der Männer bewahrt und andererseits
                Uebervölkerung vermieden werde.. – Auch dieß zwar, sagte er, ist eine
                ziemlich mäßige Vorschrift; aber auf welche Weise werden sie denn ihre
                Väter und Töchter und was du da sonst noch nanntest, wechselseitig
                unter sich herauskennen? – In keiner Weise, erwiederte ich; sondern von
                dem Tage an gerechnet, an welchem Einer Hochzeiter geworden war,

                wird er alle Kinder, welche zwischen dem siebenten und zehnten Monate
                nach jenem Tage zur Welt kommen, wenn sie männlich sind, seine
                Söhne, und wenn weiblich, seine Töchter nennen, und sämmtliche jene
                Kinder ihn Vater nennen; und in der nemlichen Weise denn auch wird er





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