Page 183 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Allem das Zuträglichste wäre für den Staat und für die Wächter, wenn es
wirklich ausgeführt würde; dieß also werde ich versuchen,
gemeinschaftlich mit dir zuerst zu erwägen, später aber jenes Andere,
wenn du es so gestattest. – Aber ich gestatte es ja, sagte er; erwäge du
nur. – Ich glaube demnach, sprach ich, daß, wenn die Herrscher dieses
ihres Namens würdig sein werden und ebenso auch die ihnen Helfenden,
dann Letztere das ihnen Aufgetragene vollziehen, Erstere aber Aufträge
ertheilen werden, indem sie theils selbst den Gesetzen gehorchen, theils
aber auch, wo wir es ihnen anvertrauen, selbst Gesetze in nachahmender
Weise aufstellen. – Ja, so scheint es, sagte er. – Du demnach, sprach ich,
wirst als ihr Gesetzgeber, sowie du die Männer auswähltest, ebenso nun
auch die Weiber auswählen und jene so sehr als nur möglich solche von
gleicher natürlicher Begabung zutheilen; die Männer aber werden,
insoferne sie ja Wohnungen und Mahlzeiten gemeinschaftlich haben,
einzeln für sich aber Keiner etwas Derartiges besitzt, mit den Frauen alle
zusammen sein, und indem sie zusammen sich unter einander mengen,
sowohl in den Gymnasien, als auch im übrigen Leben, werden sie wohl,
glaube ich, durch eine von Natur ihnen eingepflanzte Nothwendigkeit
zur geschlechtlichen Vereinigung geführt werden; oder scheine ich dir
nicht etwas Nothwendiges hiemit abzusprechen? – Ja, wenigstens durch
eine mathematische Nothwendigkeit, sagte er, werden sie nicht dazu
geführt, wohl aber durch eine Nothwendigkeit der Liebe, bei welcher es
so ziemlich darauf hinauskommt, daß sie weit dringlicher als jene ist, um
die große Menge der Leute zu überreden und mit fortzuziehen. –
8. Ja wohl, gar sehr, sagte ich. Hernach aber nun, o Glaukon, ist eine
unordentliche geschlechtliche Vereinigung derselben, sowie jedes andere
unordentliche Thun, in einem Staate der Glücklichen weder gottgefällig,
noch werden es die Herrscher zulassen. – Dieß wäre ja auch nicht Recht,
sagte er. – Klar demnach ist, daß dieselben irgend Hochzeitsfeste
veranstalten werden, welche in so hohem Grade, als es nur möglich ist,
heilige sein sollen; heilige aber werden wohl die nützlichsten sein. – Ja,
durchaus so; auf welche Weise also werden es demnach die nützlichsten
Hochzeitsfeste sein? – Sage mir Folgendes, o Glaukon: Ich sehe nemlich
in deinem Hause sowohl Jagdhunde, als auch gar viele edle
HähneNemlich zum Behufe der in Athen sehr beliebten Hahnenkämpfe.;
hast du also, bei Gott, auf die Begattung dieser und auf die Zeugung der
Jungen bei denselben dein Augenmerk gerichtet? – Inwiefern denn?
sagte er. – Erstens doch wohl gibt es ja auch unter diesen, obwohl sie alle
edel sind, einige, welche die besten sind und als die besten zur Welt
kommen? – Ja. – Läßst du also aus allen in gleicher Weise die Jungen
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