Page 181 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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auf die Männer und eine verschiedene auf die Weiber wirken, zumal da
                dieselbe ja auf die nemliche natürliche Begabung stößt? – Nein, nicht
                eine verschiedene. – Wie steht es nun mit deiner Ansicht betreffs des

                folgenden Punktes? – Betreffs welches Punktes? – Betreffs dessen, ob du
                bei dir selbst annimmst, daß der eine Mann besser und ein anderer
                schlechter sei; oder hältst du Alle für gleich? – Keineswegs. – Glaubst du
                also, daß in dem Staate, welchen wir gründeten, zu besseren Männern die
                Wächter, wenn sie die von uns durchgegangene Bildung erhalten haben,
                gemacht worden seien, oder etwa die Lederarbeiter, wenn sie in der
                Lederbearbeitung gebildet wurden? – Eine lächerliche Frage, sagte er. –

                Ich verstehe dich, erwiederte ich; wie aber? sind nicht auch unter allen
                übrigen Bürgern diese die besten? – Ja, bei weitem. – Wie aber? werden
                nicht auch unter den Weibern diese Weiber die besten sein? – Ja, auch
                dieß bei Weitem, sagte er. – Gibt es aber für einen Staat etwas besseres,
                als daß sowohl Männer, als auch Weiber so gut als möglich werden? –
                Nein, nichts Besseres. – Dieß aber bewirken die musische und die

                gymnische Bildung, wenn sie sich so einfinden, wie wir sie
                durchgingen? – Warum auch nicht? – Nicht bloß etwas Mögliches also,
                sondern auch das Beste für den Staat haben wir als gesetzliche
                Bestimmung aufgestellt? – Ja, so ist es. – Entkleiden also müssen sich
                die Frauen der Wächter, da sie statt der Gewänder nun Vortrefflichkeit
                anziehen werden, und Theil nehmen müssen sie am Kriege und an der
                übrigen Bewachung des Staates, und nicht anders dürfen wir es machen;

                von eben diesem aber müssen wir das Leichtere eher den Frauen, als den
                Männern zuweisen wegen der Schwäche des Geschlechtes; ein Mann
                aber, welcher über nackte Frauen, die sich um des Besten willen
                gymnisch üben, lacht, »genießt eine unreife Frucht seiner Weisheit des
                Lächerlichen«Nach Stobäus ein uns nicht näher bekanntes Fragment
                Pindar’s., und weiß nicht, wie es scheint, worüber er lache, noch auch

                was er thue; denn am richtigsten sagt man doch wohl und wird auch stets
                sagen, daß das Nützliche schön, das Schädliche aber schimpflich sei. – Ja
                wohl, völlig so. –
                     7. Von diesem Einen Punkte also wollen wir hiemit sagen, daß wir
                ihm wie einer brandenden Woge betreffs des Gesetzes über die Weiber
                entgangen seien, so daß wir wenigstens nicht ganz überspült wurden, da
                wir aufstellten, es sollen uns Alles gemeinschaftlich die Wächter und die

                Wächterinnen betreiben, und daß hingegen die Begründung selbst mit
                sich selbst gewissermaßen darüber in Uebereinstimmung ist, daß sie
                Solches sowohl als ein Mögliches, als auch als ein Nützliches
                bezeichnet. – Ja wohl, sagte er, keiner kleinen brandenden Woge bist du





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