Page 192 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 192

hellenischen Festspielen erhielten bei ihrer Heimkehr in ihren Staaten
                eine öffentliche Belohnung, und namentlich den Siegern in Olympia
                wurde in Athen die Speisung im Prytaneum zu Theil.; nemlich der Sieg,

                welchen sie feiern, ist die Bewahrung des gesammten Staates, mit
                Nahrung aber und Allem, dessen das Leben bedarf, werden sowohl sie,
                als auch ihre Kinder geschmückt, und Ehrengaben erhalten sie von ihrem
                Staate sowohl bei Lebzeiten, als auch wird ihnen nach ihrem Tode eine
                würdige Bestattung zu Theil. – Ja wohl, sagte er, herrliche Ehrengaben. –
                Erinnerst du dich also, sprach ich, wie im Obigen einmal, ich weiß nicht,
                von wem, der Tadel gegen uns ausgesprochen wurde, daß wir unsere

                Wächter durchaus nicht zu Glücklichen machen, da ihnen ja der Besitz
                aller Güter der Bürger zu Gebot stehen könnte und sie doch Nichts
                besäßen, und wie dann wir ungefähr erwiederten B. IV, Cap. 1; vgl.
                obige Anm. 143., wir würden diesen Punkt, sobald er uns in den Weg
                käme, später einmal erwägen, für jetzt aber einmal die Wächter zu
                Wächtern machen, und den Staat zu einem möglichst glücklichen, nicht

                aber würden wir im Hinblicke bloß auf Eine Klasse in ihm diese allein
                als eine glückliche gestalten? – Ja, ich erinnere mich, sagte er. – Wie also
                nun? Jetzt wird uns hiemit das Leben unserer Helfer, welches ja weit
                herrlicher und besser uns erscheint, als jenes der olympischen Sieger,
                doch wohl nicht nach dem Maßstabe des Lebens der Lederarbeiter oder
                anderer Handwerker, oder der Landbebauer zu bestehen scheinen? –
                Nein, mir wahrlich nicht, sagte er. – Aber dennoch ja müssen wir, was

                ich auch damals schon sagte, hier mit Recht gleichfalls erwähnen, daß,
                wenn der Wächter in solcher Weise glücklich zu werden versucht, daß er
                gar nicht einmal mehr ein Wächter ist, und ihm jenes mäßige und sichere
                und, wie wir sagen, beste Leben nicht mehr genügt, sondern ihn eine
                unverständige und knabenhafte Vorstellung betreffs des Glücksstandes
                befällt und dazu antreibt, nach allen Kräften Sämmtliches im Staate zu

                seinem Eigenthume machen zu wollen, er wohl zur Einsicht kommen
                muß, daß Hesiodos wirklich ein weiser Mann war, als er sagte.
                     »Mehr, als das Ganze, ist die Hälfte«Tage und Werke, V. 40.. –
                     Allerdings, sagte er, wenn er mich zum Rathgeber nimmt, wird er
                innerhalb dieser Lebensweise verbleiben. – Du gestehst also, sprach ich,
                jene Gemeinschaftlichkeit der Weiber mit den Männern zu, welche wir
                betreffs der Bildung und der Kinder und der Bewachung der übrigen

                Bürger durchgegangen haben? daß sie nemlich, mögen sie in der Stadt
                bleiben oder in den Krieg ausziehen, gemeinsam Wache halten und
                gemeinsam jagen sollen wie Hündinnen, und daß sie in Allem und in
                jeder Beziehung mit den Männern, so sehr es möglich ist,





                                                          191
   187   188   189   190   191   192   193   194   195   196   197